Was bringt Jamaika? Zurek: „Mieter müssen sich warm anziehen.“

Jamaika Mieterverein München e.V Beatrix Zurek über die Kolaitionsverhandlungen

Was die Vorsitzende des Mieterverein München e.V., von einer neuen  Bundesregierung fordert.

Die Gespräche zwischen Union, FDP und Grünen laufen – doch was bedeutet eine Jamaika-Koalition für die Wohnungs- und Mietenpolitik? „Es steht fest: Mieter müssen sich warm anziehen. Mit der Union und der FDP würden zwei Parteien regieren, die auf Deregulierung setzen und die Rechte derer stärken, die am Wohnungsmarkt Profit machen“, sagt Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mieterverein München e.V. „Gerade für Metropolen mit großer Wohnungsnot wie München ist das verheerend.“ Wohnungs- und Mietenpolitik haben im Wahlkampf keine große Rolle gespielt. „Dabei ist das Thema für immer mehr Menschen immer wichtiger. Die neue Bundesregierung muss erkennen, dass darin auch jede Menge sozialer Sprengstoff steckt.“ Leider sei es, so Zurek „fraglich, ob die Grünen in den Verhandlungen soziale Akzente werden setzen können.“

Der Mieterverein München e.V. fordert:
1. Mietervertreibung durch Modernisierung stoppen
„Wie wird ein Vermieter heute legal seine Mieter los? Er modernisiert, legt die Kosten auf die Mieter um, kann damit die Miete oft um ein Vielfaches erhöhen und die Mieter zum Auszug drängen“, sagt Zurek. Möglich ist das durch die Modernisierungsumlage. 11 Prozent dürfen derzeit auf die Miete umgelegt werden – jedes Jahr wieder. Nach neun Jahren hat der Mieter also die Kosten komplett abgezahlt – und zahlt dauerhaft weiter die höhere Miete. 30 bis 40 Prozent Mieterhöhung sind dabei normal, manchmal verdoppelt oder verdreifacht sich sogar die Miete – das Einzige, was der Vermieter tun muss, ist, die Kosten vorzustrecken, und das bei Niedrigzinsen. „Deswegen fordern wir seit Jahren, die Umlage zu streichen“, sagt Zurek. „Deutlich senken“, sollte man sie nur laut dem Programm der Grünen. Zurek: „Bleibt die Modernisierungsumlage, schauen wir in München weiter machtlos zu, wie Mieter ganz legal aus ihren Wohnungen und aus München vertrieben werden.“

2.Bodenrecht reformieren

„Die horrenden Mieten und astronomischen Immobilienpreise sind nicht nur durch den schlichten Mangel an Wohnungen entstanden. Es geht hier nicht nur um Angebot und Nachfrage“, sagt Beatrix Zurek. „Der Grund dafür sind auch hochspekulative Geschäfte mit Grundstücken. München und andere Metropolen sind längst Spielfeld für internationale Investoren. Die Renditen zahlt dann der Mieter – wenn er die Wohnung überhaupt noch zahlen kann.“ Deswegen fordert Zurek ein neues Bodenrecht. „Grund und Boden sind nicht irgendwelche Waren, auf die jeder Wetten abschließen kann. Grund und Boden sind keine reine Privatsache. Deswegen müssen wir über steuerrechtliche und planungsrechtliche Instrumente nachdenken, mit denen wir die Spekulationen eindämmen.“

3. Wohnungsbau fördern und Miethöchstgrenzen festschreiben
Es müssten pro Jahr bundesweit 400.000 neue Wohnungen gebaut werden, davon 200.000 Mietwohnungen, davon 80.000 Sozialmietwohnungen Dafür braucht es eine Erhöhung der Bundesmittel und Zweckbindungen für die Länder. Die Große Koalition hatte die Mittel für den Sozialen Wohnungsbau erhöht. Doch was wird nun passieren? Traditionell steht Schwarz-Gelb für die sogenannte Subjektförderung: Das heißt, es werden nicht Unternehmer bezuschusst, damit sie niedrige Mieten aufrufen. Sondern die Mieter, die die Marktpreise nicht zahlen können, bekommen zum Beispiel Wohngeld. Damit finanziert der Steuerzahler die Profite der privaten Unternehmer. Das hält die FDP auch weiter für richtig. Für die FDP ist der einzige Weg zu bezahlbarem Wohnraum mehr Neubau – der durch Anreize für die Unternehmen geschaffen werden soll. Die Senkung von Baukosten und der Abbau von Bürokratie werden da genannt. „Gegen eine Senkung der Baukosten ist sicher nichts zu sagen. Aber: Nachdem die Erfahrung zeigt, dass der unregulierte Neubau keine bezahlbaren Wohnungen bringt, ist das zu kurz gegriffen“, sagt Zurek. Auch die Grünen sehen das so: In ihrem Programm stehen auch Miethöchstgrenzen in Gebieten mit Wohnraummangel, der gemeinnützige Wohnungsbau und dauerhafte Mietbindungen bei Sozialwohnungen. Die Union hat eine Wiederbelebung der Afa angekündigt. Damit sollen Bauträger steuerlich begünstigt werden, wenn sie keine Eigentumswohnungen, sondern Mietwohnungen bauen. In der Großen Koalition war das Projekt gescheitert, weil die SPD im Gegenzug Miethöchstgrenzen für die so geförderten Wohnungen gefordert hatte. Zurek: „Ohne Höchstgrenzen zahlt dabei nicht nur der Mieter die horrenden Mieten, der Steuerzahler subventioniert auch noch zusätzlich die Gewinne der Bauträger.“

4. Mietpreisbremse erhalten und verbessern
Das Gesetz, das im August 2015 eingeführt worden war, steht wohl vor dem Aus: Die FDP war immer dagegen, die Union hat sie nur auf Druck der SPD eingeführt, im Wahlkampf hat Merkel die Bremse bereits als „gescheitert“ bezeichnet. Das Gesetz, das Vermieter verpflichten sollte, bei der Wiedervermietung Mietobergrenzen einzuhalten, hatte von Beginn an viele Ausnahmen und es waren keinerlei Sanktionen beim Verstoß vorgesehen. Große Wohnungsunternehmen hatten sich zwar an die Bremse gehalten, insgesamt hat sie aber keine spürbaren Ergebnisse gebracht. „Daraus zu schließen, dass wir keine Mietpreisbremse brauchen, halten wir aber für falsch“, sagt Zurek. „Es lohnt sich, das Gesetz gründlich zu überarbeiten. Gerade in München zeigen sich die abstrusen Auswüchse der Haltung: Ich kann verlangen, was ich will, ich finde schon einen, der zahlt.“

Was die Parteien vor der Wahl zum Thema Wohnen versprachen, lesen Sie in unserem aktuellen Mietermagazin.

 

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Meldung vom 26.10.2017

 
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