Vorkaufsrecht in Münchner Erhaltungssatzungsgebieten in Gefahr
Bundesgesetzgeber muss nach Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich Falls aus Berlin sofort aktiv werden
Beunruhigende Nachrichten für Münchner Mieterinnen und Mieter: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Ausübung des Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten weitgehend gekippt, wie nun bekannt wurde (BVerwG 4 C 1.20). „Das Vorkaufsrecht der Stadt in Erhaltungssatzungsgebieten ist ein extrem wichtiges Instrument, um Mieterinnen und Mieter vor dem Verlust ihrer Heimat zu schützen“, sagt Volker Rastätter, Geschäftsführer des DMB Mietervereins München. „Die Not der Menschen ist groß, der Wohnungsmarkt außer Kontrolle: Wir brauchen also nicht weniger Hilfe für Mieterinnen und Mieter, sondern mehr. Deswegen muss der Bundesgesetzgeber nach dieser Gerichtsentscheidung nun sofort aktiv werden und das Baurecht reformieren.“
Zum Hintergrund: Kommunen können in Gebieten städtischer Erhaltungssatzungen, also Milieuschutzgebieten, Vorkaufsrechte geltend machen. Das Haus geht dann an die Stadt oder Gemeinde, außer der Käufer oder die Käuferin unterschreibt eine sogenannte Abwendungserklärung. In ihr versichert sie oder er beispielsweise, frei gewordene Wohnungen nur mit förderberechtigten Mietparteien zu belegen. Gibt es keine Einigung, kauft die Stadt das Haus. Die Stadt München nahm ihr Vorkaufsrecht in der jüngsten Vergangenheit immer häufiger wahr, was der Mieterverein München ausdrücklich befürwortet.
Handlungsmöglichkeiten der Städte und Gemeinden durch Urteil stark eingeschränkt
Nun entschied aber das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich eines Falls aus Berlin: der Paragraf 26 Nr. 4 des Baugesetzbuches ist zu beachten. Demnach ist das Vorkaufsrecht ausgeschlossen, solange das Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut ist und genutzt wird und eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder Mängel aufweist. Mietervereins-Geschäftsführer Volker Rastätter: „Das heißt im Grunde: Die Kommunen dürfen ihr Vorkaufsrecht auch im Erhaltungssatzungsgebiet nur wahrnehmen, wenn es sich um eine Schrottimmobilie handelt, in der keine oder kaum noch Mieterinnen und Mieter leben. Ob deutlich absehbar ist, dass die Bewohnerinnen und Bewohner verdrängt werden sollen, spielt keine Rolle mehr.“ Die Handlungsmöglichkeiten der Städte und Gemeinden seien durch dieses Urteil stark eingeschränkt, so Rastätter. „Wir benötigen aber genau das Gegenteil. Deswegen muss das Baugesetzbuch so geändert werden, dass der Paragraf 26 nicht für Milieuschutzgebiete gilt.“
Pressemitteilung vom 10.11.2021
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