Volksbegehren-Macher: Verfassungsgerichtshof wird im Sinne von Bayerns Mietern handeln
Weiterkämpfen für ihre Vision eines gerechteren Bayerns werden die Organisationen und Parteien, die hinter dem Volksbegehren #6JahreMietenstopp stehen. Das bayerische Innenministerium hatte am heutigen Freitag mitgeteilt, dass es das Volksbegehren nicht zulässt. Damit liegt die Entscheidung nun beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Mietenstopp-Kampagnenleiter Matthias Weinzierl: „Wir sind optimistisch, dass das Gericht im Sinne von Bayerns Mieterinnen und Mietern handeln wird – und das Volksbegehren zulässt.“
Anders als es das Innenministerium beschreibt, liegt eine Gesetzgebungskompetenz für das Land Bayern aus Sicht der Volksbegehren-Macher vor. Vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof vertreten wird das Volksbegehren der Bielefelder Verfassungsexperte Professor Franz Mayer: „Das Land darf grundsätzlich Gesetze machen, wenn nichts aus der Bundesverfassung dagegen spricht. Im vorliegenden Fall ist es so, dass man nicht wirklich zwingende Einwände auf Ebene des Grundgesetzes findet. Es ist insgesamt befremdlich, dass ausgerechnet Bayern, das den Föderalismus so groß schreibt, so hasenfüßig vorgeht. Und sich nicht traut, auf Landesebene bei einem drängenden Problem Gesetze zu erlassen, wenn sich die Möglichkeit bietet.“
Das sagen die Volksbegehren-Macher zu der Entscheidung des Innenministeriums:
Beatrix Zurek (DMB Mieterverein München & Landesverband Bayern Deutscher Mieterbund)
„Wir hätten ein mutigeres Vorgehen des Innenministeriums erwartet. Bayern könnte handeln! Und wir können mit all unserer Erfahrung im Bereich des Mieterschutzes nur immer wieder sagen: Bayerns Mieter müssen endlich effektiver geschützt werden, sonst werden insbesondere in den Städten nur noch Topverdiener wohnen können. Gerade jetzt in der Coronakrise spitzt sich die Lage zu. Der Mietenstopp würde den Mietern viel mehr helfen als beispielsweise die Mietpreisbremse. Diese regelt nur die Höhe der Miete bei Wiedervermietungen. Der Mietenstopp hilft auch Bestandsmietern. Ihnen darf die Miete sechs Jahre lang nicht mehr erhöht werden, auch bei Staffel- und Indexmietverträgen.“
Florian von Brunn (München SPD)
„Wir sind in München stinksauer, dass die Staatsregierung das Volksbegehren aus rein politischen Motiven ablehnt. Das ist ein weiterer Schlag ins Gesicht nach dem verantwortungslosen Verkauf der GBW-Wohnungen. Herr Söder und Herr Herrmann lassen Hundertausende Münchner Mieterinnen und Mieter im Stich, die dringend eine Atempause und einen Mietenstopp brauchen. CSU und Freie Wähler haben selbst keinerlei Vorschläge, wie man horrende Bodenpreise, schamlose Wohnungs-Spekulation und Wuchermieten bekämpfen kann! Wir setzen unsere Hoffnung deshalb auf den Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Ich bin zuversichtlich, dass wir dort siegen werden!“
Natascha Kohnen (Bayern SPD)
„Eine riesige Chance ist vertan. Statt einem klaren Ja zum Mieterschutz gibt die Staatsregierung ein (halbherziges) Nein und leugnet die eigenen Möglichkeiten einer Landesregierung. Statt mit bayerischem Selbstbewusstsein den Mieterinnen und Mietern eine Stimme zu geben, stiehlt sich das Innenministerium lieber mit dem Verweis auf Bundesgesetze durch die Hintertür davon.“
Simone Burger (DGB Region München)
„Es hat lange gedauert, bis die Gesellschaft herausgefunden hat, wer systemrelevant ist (nicht die Banken). Es sind die Pfleger*innen, die Verkäufer*innen in den Supermärkten, in den Bäckereien. Und ich möchte ein paar hinzufügen, die leider noch nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen: die Reinigungskräfte im Klinikum, die Postboten, die chemisch technischen Assistenten in den Laboren. Sie haben alles eines gemeinsam – sie freuen sich über Applaus – aber sie möchten ein gutes Leben mit gutem Einkommen führen und sie haben Probleme auf diesem Wohnungsmarkt. Wer ihr Leben besser machen möchte, der sollte sich für 6 Jahre Mietenstopp einsetzen.“
Ates Gürpinar (Die Linke)
„Wir werden bald erleben, wie die Krise für die Ärmeren in der Gesellschaft einschlägt. Gerade in den Ballungsgebieten wird mit dem Mietenstopp eine dringend benötigte Atempause für die Mieter*innen möglich. Dass das Ministerium den Aufschlag dieses Bündnisses und über 50.000 Bewohner*innen Bayerns nicht annimmt, ist traurig. Dabei ist und bleibt das Volksbegehren nach Erachtens der LINKEN ein erster, dringend notwendiger Schritt. Ein Schritt, der Zeit gibt, um langfristige und nachhaltige Maßnahmen anzugehen, wie zum Beispiel einen guten sozialen Wohnungsbau oder eine Deckelung der Bodenpreise.“
Tilman Schaich (#ausspekuliert)
„Ein Rechenbeispiel: Es ist für die meisten Immobilienunternehmen normal geworden, die Mieten alle drei Jahre um das Maximum von 15 oder 20 Prozent zu erhöhen. Weil sie renditenorientiert denken (müssen?) und weil sie es dürfen. Am Beispiel einer Miete von 1.200 Euro muss der Mieter bei 20 Prozent Erhöhung nach drei Jahren 1.440 Euro bezahlen, nach sechs Jahren dann 1.728 Euro. Ein Plus von über 500 Euro. Welcher Normalverdiener soll das denn bitte stemmen können? Das Volksbegehren will einen Bestandsschutz für Mieter. Der in Zeiten der Coronakrise wichtiger ist denn je: Tausende werden Probleme mit den Mietzahlungen etwa aufgrund von Kurzarbeit haben. Doch die Mieten werden trotzdem erhöht werden.“
Zum Volksbegehren: Der Gesetzestext zum Volksbegehren #6JahrenMietenstopp sieht vor, Mieterhöhungen in angespannten Wohnungsmärkten (162 Städte und Gemeinden) in Bayern bei laufenden Mietverhältnissen sechs Jahre lang zu unterbinden. Auch bei Staffel- und Indexmietverträgen werden die Mieten eingefroren. Eine Regelung soll allerdings sozial verantwortlichen Vermietern entgegenkommen. Eine Erhöhung der Miete ist dann noch erlaubt, wenn die erhöhte Miete nicht den Betrag von 80 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete übersteigt. Wer derzeit sehr wenig Miete verlangt, soll also noch einen kleinen finanziellen Spielraum haben, um nicht in Bedrängnis zu kommen. Vom Gesetz ausgeschlossen sind Mieten in Neubauten (ab 1. Januar 2017), da Investitionen nicht gebremst werden sollen. Bei Wiedervermietungen soll nach dem Gesetzestext künftig auch nur maximal die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen, das Gleiche gilt für Modernisierungs-Mieterhöhungen. Verstöße gegen das Mietenstopp-Gesetz sollen mit bis zu 500.000 Euro bestraft werden können.
Die wichtigsten Forderungen im Überblick:
- Sechs Jahre lang keine Mieterhöhungen bei laufenden Mietverhältnissen – auch bei Staffel- und Indexmietverträgen
- Ausgenommen sind Mieten in Neubauten, da Investitionen nicht gebremst werden sollen
- Bei Wiedervermietungen und nach Modernisierungen soll maximal noch die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen
- Spielraum für faire Vermieter: Mieterhöhung bis 80 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich
Die Hauptunterstützer des Volksbegehrens:
DMB Mieterverein München, Deutscher Mieterbund (DMB) Landesverband Bayern*, München SPD, Bayern SPD, DGB Region München**, Die LINKE Landesverband Bayern, Die LINKE München, #ausspekuliert
*mit: DMB Mieterverein Erding und Umgebung e.V., Mieterverein Würzburg und Umgebung e.V., Mieterschutzverein Garching-Hochbrück e.V., Mieterverein Forchheim e.V., Mieterverein Passau e.V., DMB Mieterverein Ingolstadt und Umgebung e.V., Deutscher Mieterbund Nürnberg und Umgebung e.V., DMB Mieterverein Lindau und Umgebung e.V., Mieterverein Dachau und Umgebung e.V., Mieterverein Kaufbeuren und Umgebung e.V., Mieterverein Schwandorf und Umgebung e.V., Deutscher Mieterbund Aschaffenburg und Umgebung e.V., Mieterbund Regensburg e.V., Mieterverein Augsburg und Umgebung e.V., Mieterverein Freising e.V.
**mit: IG BAU, IG BCE, EVG, GEW, IGM, NGG, GdP, ver.di
Volksbegehren-Macher: Verfassungsgerichtshof wird im Sinne von Bayerns Mietern handeln
Die Grünen Bayern und München, Sozialverband VdK Bayern, ÖDP Bayern, Mieterbeirat München, Kreisjugendring München-Stadt, mut, Volt Europa, Condrobs München, Forum für nachhaltige Wirtschaft, SoVD (Sozialverband Deutschland) Landesverband Bayern, Paritätischer Wohlfahrtsverband Bezirksverband Oberbayern, GLS Bank, BISS – Bürger in sozialen Schwierigkeiten e.V.
Pressemitteilung vom 17.4.2020