Münchner Mieter verklagt Freistaat
„Ich fühle mich verladen“: Matthias Kehr hat einen Schaden von fast 10.000 Euro, weil das Land Bayern bei der Mietpreisbremse geschlampt hat. Jetzt verklagt er den Freistaat auf Amtshaftung
Er wollte nur ein Recht einfordern, das ihm zusteht. Doch nun hat Matthias Kehr einen Schaden von fast 10.000 Euro – weil die Bayerische Staatsregierung die Mietpreisbremse schlampig umgesetzt hat und diese rückwirkend für ungültig erklärt wurde. Jetzt verklagt er den Freistaat auf Amtshaftung. Die Kosten dafür übernimmt der Mieterverein München. Geschäftsführer Volker Rastätter: „Unser Mitglied hat den Schaden nur, weil die Landesregierung ihren Job nicht gemacht hat.“
Der Fall: Der Gastronom Matthias Kehr bezieht im Juli 2016 in der Nähe der Münchner Freiheit eine 65-Quadratmeter-Wohnung für 1.450 Euro kalt. „Ich habe trotz des hohen Preises unterschrieben, weil die Wohnung perfekt für mich lag“, sagt Kehr. Danach erfährt er, dass sein Vormieter deutlich weniger bezahlt hat und lässt das prüfen. Laut Mietpreisbremse zahlt er über 500 Euro pro Monat zu viel. Im August 2016 rügt er die zu hohe Miete. Das ist der erste Schritt, wenn man die Mietpreisbremse betätigt. Das Verfahren beginnt, durch einige Winkelzüge des Vermieters zieht es sich. In einem richterlichen Gutachten wird festgestellt, dass Kehr 547,92 Euro pro Monat zu viel zahlt, ein endgültiges Urteil steht zu diesem Zeitpunkt aber noch aus. Für Dezember 2017 ist eine Verhandlung anberaumt.
Die Verordnung: Die gesetzliche Grundlage für Kehrs Klage ist die Mietpreisbremse. Sie ist ein Bundesgesetz, das für „Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt“ Mietobergrenzen einführt. Die Landesregierungen werden darin ermächtigt, per Verordnung zu bestimmen, für welche Kommunen das gilt. Für jede einzelne Kommune muss eine Begründung geliefert werden. Die bayerische Landesregierung hat die Verordnung im August 2015 erlassen. Allerdings wurde da geschlampt: Statt für jede Kommune einzeln den angespannten Wohnungsmarkt zu begründen, stand in der Verordnung nur eine allgemeine Begründung und dann eine Liste von Kommunen. Deswegen hat das Landgericht München im Dezember 2017 die Verordnung für unwirksam erklärt – und zwar von Anfang an. Das heißt, sie galt auch nicht, als Kehr seine Klage eingereicht hatte.
Das Urteil: Im Dezember 2017, kurz nach dem Urteil des Landgerichts, verliert Kehr deswegen vor Gericht. „Ich fühle mich verladen. Ich muss mich doch darauf verlassen können, dass Gesetze so umgesetzt werden, dass sie auch gültig sind“, sagt Kehr, der inzwischen ausgezogen ist. Volker Rastätter: „Kein Bürger kann mit so einem Dilettantismus rechnen. Hätte das Land Bayern seine Arbeit gemacht, hätte unser Mitglied gewonnen.“ Jetzt bekommt Kehr die zu viel bezahlte Miete nicht zurück und trägt auch noch Verfahrenskosten. Insgesamt geht es um 9.576 Euro.
Die Klage: Der Mieterverein München finanziert Matthias Kehr die Amtshaftungsklage, die jetzt eingereicht wurde. Rastätter: „Da müssen wir unsere Mitglieder schützen. Der Freistaat muss diese Kosten tragen.“ Das Land Bayern hat seinen Fehler derweil immer noch nicht richtig behoben. „Es wurde die alte Verordnung nur nachgebessert, anstatt eine neue zu erlassen. Das wird vor keinem Gericht standhalten“, sagt Rastätter. „Das heißt konkret: In Bayern gilt die Mietpreisbremse derzeit nicht, weil die Landesregierung absichtlich oder fahrlässig ihrer Pflicht nicht nachkommt. Auch was die nachgebesserte Verordnung angeht, bereiten wir mit einem unserer Mitglieder eine Klage vor, damit endlich Rechtssicherheit entsteht.“
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Meldung vom 25.09.2018