Ausgebremst?

Nach der Wahl muss die neue Regierung die Mietpreisbremse sofort verlängern. Was ein Aus des Gesetzes bedeuten würde und warum wir die Bremse weiterhin brauchen. 

Zweieinhalb Zimmer, 60 Quadratmeter, ein 1960er-Bau, kein Balkon, Küche und Böden abgewohnt. Aber die Lage in der Nähe des Stiglmaierplatzes war gut, die Vermieterin hatte nichts gegen eine WG. „Wir waren froh, etwas gefunden zu haben, und uns schienen andere Angebote im Internet auch nicht günstiger zu sein“, erzählt Michael Moser (Name geändert). Er studierte noch, musste aus dem Wohnheim raus. Zusammen mit seinem Mitbewohner zahlten die beiden also die 1100 Euro Kaltmiete. Dass die Vermieterin gegen geltendes Recht verstieß, wurde Michael erst später bewusst. Mit dem Mietspiegelrechner der Stadt rechnete der angehende Bauingenieur online die zulässige Miethöhe aus, eine Beratung beim Mieterverein gab ihm Recht: Die Vermieterin verlangte 180 Euro pro Monat zu viel.

Wir fühlten uns ungerecht behandelt“, sagt er. Zusammen mit „Jetzt Miete sparen“, dem Service des Mietervereins, zog er die Mietpreisbremse und rügte die zu hohe Miete. Nach anfänglichem Weigern ging die Vermieterin schließlich auf einen Vergleich ein. 3200 Euro bekamen die beiden Männer zurück. „Das war ein großer Erfolg für uns“, sagt Michael. Trotzdem ist er inzwischen ausgezogen – nicht nur, aber auch, weil er das Gefühl hatte, das Verhältnis zur Vermieterin sei belastet. Dennoch sagt er: „Ich würde es auf jeden Fall wieder machen.“ Die Mietpreisbremse hat ihre Schwächen. Zum Beispiel, dass Betroffene selbst die überhöhte Miete rügen müssen und keine staatliche Stelle, wie etwa das Finanzamt, das tut. Doch nun droht nach dem Bruch der Ampel dem Gesetz das Aus. „Die Mietpreisbremse ist ein wichtiges Instrument, auf das wir nicht verzichten dürfen“, sagt Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mietervereins.

Was genau regelt die Mietpreisbremse?

Die Mietpreisbremse ist ein Bundesgesetz, das besagt, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt bei der Vermietung einer Wohnung die Miete nicht mehr als zehn Prozent über der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegen darf. Diese ist ablesbar im Mietspiegel und errechnet sich durch neu abgeschlossene und erhöhte Mieten der vergangenen sechs Jahre. Doch die Mietpreisbremse hat viele Ausnahmen: Zum Beispiel gilt sie nicht bei Neubauten ab 2014 und nicht nach umfassender Sanierung. Sie wurde seit der Einführung 2015 aber auch schon verschärft. Betroffene können inzwischen 30 Monate rückwirkend die zu viel gezahlte Miete zurückverlangen.

Wie lang ist die Mietpreisbremse noch gültig?

Wenn auf Bundesebene nichts unternommen wird, läuft sie zum 31.12.2025 aus. Die Mietpreisbremse gilt nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt. Deswegen steht im Bundesgesetz, dass die Landesregierungen definieren sollen, in welchen Gebieten das der Fall ist. Nur dann kann das Gesetz dort angewendet werden. Diese Verordnungen dürfen laut BGB nur fünf Jahre gelten und enden spätestens Ende 2025. In manchen Bundesländern, wie Hamburg und Berlin, läuft die Verordnung schon im Mai bzw. Juni 2025 aus. Diese Länder haben die Möglichkeit, noch bis zum Ende des Jahres zu verlängern. In Bayern läuft die „Mieterschutzverordnung“ ebenfalls Ende 2025 aus. In dieser Verordnung definiert der Freistaat, dass in 208 Städten und Gemeinden, darunter auch München, der Wohnungsmarkt so angespannt ist, dass dort die Mietpreisbremse und andere Mieterschutzgesetze gelten. Diese anderen Gesetze kann der Freistaat unabhängig von der Mietpreisbremse verlängern (siehe Kasten). Die Mietpreisbremse braucht erst eine Verlängerung auf Bundesebene, damit die Länder sie dann auch verlängern können.

Was hat die Mietpreisbremse gebracht? 

Bayerische Mieter*innen hatten es besonders schwer, denn der Freistaat hatte zunächst eine Verordnung erlassen, die ungültig war. So galt das Gesetz in Bayern erst seit 2019. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich viele Mietende, wenn sie die Bremse mithilfe des Mietervereins ziehen, mit ihren Vermieter*innen außergerichtlich und schnell einigen“, sagt Beatrix Zurek. Wichtig ist auch, dass sich große Firmen mit vielen Wohnungen nach den Erfahrungen des Mietervereins im Großen und Ganzen an die Bremse gehalten haben.

Was würde ein Aus für Mieter*innen bedeuten? 

Bei Abschluss eines neuen Mietvertrags würden nur noch die Gesetze des Marktes gelten. Der Deutsche Mieterbund hat berechnet, dass für München die durchschnittliche Wiedervermietungsmiete ohne Bremse bei 21,87 Euro pro Quadratmeter liegen würde – mit Bremse bei 16,06 Euro. Das wäre eine Steigerung von 36 Prozent. Und das wäre erst der Anfang. Denn höhere Wiedervermietungsmieten wirken sich nicht nur auf die Menschen aus, die einen neuen Mietvertrag abschließen. Diese gehen in die Berechnung des Mietspiegels ein, sie treiben die „ortsübliche Vergleichsmiete“ nach oben. Und diese ist dann wieder die gesetzliche Grundlage für Mieterhöhungen bei allen laufenden Mietverhältnissen – eine Spirale nach oben.

Könnte das Gesetz doch noch weiter bestehen? 

Die alte Bundesregierung hat dazu einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Union und FDP haben eine öffentliche Anhörung , die für Januar 2025 geplant war, abgeblockt. „Union und FDP verhindern die reale Chance zur rechtzeitigen Verlängerung der Mietpreisbremse und lassen damit 26 Millionen Menschen im Stich“, kritisiert der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten. Eine neue Bundesregierung könnte das Gesetz aber noch rechtzeitig verlängern. Die Kampagne „Mietenstopp!“ kämpft für eine fraktionsübergreifende Einigung und ruft alle Bürger*innen auf, sich an ihre Abgeordneten zu wenden: Unter mietenstopp.de/mietenbremse geben Sie Ihre Postleitzahl ein und können direkt ein vorformuliertes und adressiertes Formular abschicken.


»Der Freistaat muss Mieterschutz erhalten«

Die Landesverordnung, in der die Mietpreisbremse vom Freistaat umgesetzt wird, schreibt fest, in welchen Gemeinden in Bayern ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt, wörtlich heißt es da: „Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen (…) besonders gefährdet ist.“

Diese „Mieterschutzverordnung“ bezieht sich aber nicht nur auf die Mietpreisbremse, sondern auch auf andere mietrechtliche Bundesgesetze, die dann nur in solchen Gebieten greifen: So gilt die Kündigungssperre bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nur in angespannten Wohnungsmärkten. Wer eine Wohnung nach Umwandlung dort kauft, darf zehn Jahre lang keine Eigenbedarfskündigung aussprechen. Außerdem gilt in diesen Gebieten eine andere sogenannte Kappungsgrenze: Diese Grenze ist bei jeder Mieterhöhung während eines laufenden Mietverhältnisses wichtig. In angespannten Wohnungsmärkten dürfen Vermieter*innen die Miete innerhalb von drei Jahren um maximal 15 Prozent erhöhen. Woanders dürfen sie 20 Prozent drauflegen. „Die Höhe der Kappungsgrenze hat immense Auswirkungen auf die Miethöhen in München“, sagt Beatrix Zurek. „Der Freistaat ist hier in der Pflicht, auf jeden Fall in einer eigenen Verordnung die beiden Mieterschutzgesetze zu verlängern, unabhängig von der Mietpreisbremse. Alles andere wäre ein Rückschritt um Jahrzehnte.“

 

Text: Tina Angerer
Foto: Michael Nagy / Presse- und Informationsamt München

 
Hier erreichen Sie uns