Klassisch-buntes Wirtshaus

Das »Fesch« im Glockenbachviertel ist ein bayerisches Wirtshaus ohne viel Chichi, das besonders ein queeres Publikum anziehen möchte.

Im Glockenbachviertel, wo die Ampelweibchen Händchen halten und die Regenbogenflaggen wehen, gibt es einen neuen alten queeren Ort, an dem Menschen gemütlich zusammenkommen: An der Ecke Papa-Schmid-Straße/Müllerstraße, wo viele Jahre das queere „Moro“ war, hat vor einem Jahr das Wirtshaus „Fesch“ eröffnet. Die Betreiber*innen sind im Münchner Nachtleben wohlbekannt. Peter Fleming, Peter Süß und Marlene Neumann vom Techno-Club „Harry Klein“ haben sich für das „Fesch“ mit Johann Eder vom „Wirtshaus Eder“ zusammengetan.

Was heißt denn das, ein queeres Wirtshaus?
Johann Eder: Wir sind ein bayerisches Wirtshaus ohne viel Chichi: klassische Karte, Augustiner-Bier, gekühlte Gläser – eben unaufgeregt. Aber wir wollen ein queeres Publikum anziehen.
Peter Fleming: Wir haben genderneutrale Toiletten, da fragen Leute manchmal „Braucht’s des?“ Aber wenn man es ihnen erklärt, verstehen sie es.

Erklär mal bitte!
Peter: Ein Toilettenraum ist mit und einer ohne Pissoir, soll jeder und jede hingehen, wo er oder sie möchte. Frauen gehen meist auf die Toilette ohne Pissoir. Eine große Sache ist das also nicht.
Johann: Wir sind ein klassisches Wirtshaus, nur mit bunteren Gästen. Wir haben keinen Darkroom im Keller oder so.

Aber einen Stehausschank. Da lernen sich doch die Leute kennen, oder?
Peter: Ja, das gab’s im „Moro“ vorher nicht. Uns war der Stehausschank wichtig, weil wir eine lockere Atmosphäre haben wollten und weil wir sehr gerne Bier verkaufen…
Johann: …und trinken!
Peter: Da gibt’s immer am Freitag Anstich mit frischem Holzfassbier für drei Euro. Wenn viel los ist, mache ich noch eins auf, und wenn richtig viel los ist, noch eins.

Das klingt klassisch.
Johann: Wir haben bei unserer kleinen Karte geschaut, dass Fleisch und Veggie sich die Waage halten. Am beliebtesten ist trotzdem der Schweinebraten, und den wird’s auch nicht vegan geben. Peter: Samstag und Sonntag haben wir durchgehend warme Küche ab 11 Uhr – natürlich mit Weißwurstfrühstück. Und nachmittags gibt’s Kaffee und Kuchen von Kuchentratsch. Und wir sind noch den ganzen August bei gutem Wetter mit unserem Biergarten im Nussbaumpark.

Auf dem Weg zum »Fesch« bin ich am »diversity Café« vorbeigekommen, ums Eck sind der schwule »Ochsengarten« und das queere Café »Sax«. Würde ein Wirtshaus für LGBTIQ* auch in Laim funktionieren?
Johann: Ich habe noch das „Wirtshaus Eder“ im Westend, da hängt auch die Regenbogenflagge, viele Gäste wissen, dass ich schwul bin. Aber da kommen eher die schwulen Pärchen zum Essen hin als Menschen zum Ausgehen.

Warum braucht’s noch einen Ort hier im Viertel wie das »Fesch«?
Peter: Das war die letzten 20 Jahre ein queeres Restaurant, und wir haben das weitergeführt. Die queeren Orte in der Stadt sterben aus: Es gab mal 60 queere Lokale in der Stadt, jetzt sind es vielleicht 15. Wir wollen das Sterben aufhalten.

Liegt das daran, dass sich die LGBTIQ*-Szene mit den anderen Szenen mischt?
Johann: Ja, sicher auch. Dass so viele schließen mussten, kommt aber auch durch Datingplattformen. Denn der Sinn von Ausgehen ist ja, Menschen kennenzulernen. Datingplattformen haben bei vielen das Ausgehen ersetzt. Und einige Wirte, die Ende der 70er und in den 80er angefangen haben, sind alt geworden, und es kam kaum jemand nach.


Adresse: Müllerstraße 30
Kontakt: 089/2300 2992, wirtshaus-fesch.de
Öffnungszeiten: Di bis Do: 17 bis 24 Uhr, Fr: 16 bis 1 Uhr, Sa: 11 bis 1 Uhr, So: 11 bis 23 Uhr

Text: Jasmin Menrad
Fotos: Lukas Barth

 
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