Keine Mieterhöhung über den Mietspiegel hinaus
Mehr als das Ortsübliche verlangen, wenn die Miete erhöht wird: Das ist in der Regel nicht möglich, hat nun das Landgericht München klargestellt. Eine gute Entscheidung für alle Mieter*innen.
Vermietende in München dürfen in der Regel bei einer Mieterhöhung nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete hinausgehen und die Inflation draufrechnen – das hat nun das Landgericht München I in einer Grundsatzentscheidung bezüglich des „Stichtagszuschlags“ klargestellt. Vor dem Münchner Amtsgericht hatten Richter*innen diese Frage bislang unterschiedlich beantwortet. „Eine erfreuliche Entscheidung für Münchens Mieterinnen und Mieter. Wenn der oder die Vermieter*in die Miete erhöhen will, bleibt es bei der ortsüblichen Vergleichsmiete. Mehr bekommt er oder sie nicht“, sagt Beatrix Zurek, Vorsitzende des DMB Mietervereins München.
Das Landgericht München I hatte über eine Berufung zu entscheiden, in der es um die Frage ging, ob Vermietende zusätzlich zu der gemäß Mietspiegel errechneten Miete noch einen Zuschlag gemäß dem Verbraucherpreisindex, also letztlich der Inflationsrate, hinzurechnen dürfen. Die Begründung der Vermieterseite war, dass die Daten, die dem Mietspiegel zugrunde liegen, vom Januar des Jahres 2022 stammen und sich die allgemeine Preissituation in München seitdem stark verändert habe. Daher müsse auf die Mietspiegelmiete noch ein Zuschlag von 11,02 Prozent aufgerechnet werden, um die Preisentwicklung bis zum Erhalt der Mieterhöhung im Juni 2023 zu berücksichtigen.
Dieser Rechtsauffassung war das zunächst zuständige Amtsgericht nicht – das Landgericht München I gab ihm recht und teilte damit erstmals seine grundsätzliche juristische Einschätzung zum sogenannten Stichtagszuschlag mit. Auf den Hinweisbeschluss des Landgerichts hin wurde die Berufung dann zurückgenommen. Die Richter*innen begründeten ihre Auffassung damit, dass der Verbraucherpreisindex als Grund für den Anstieg von Wohnungsmieten nicht geeignet sei. Der Verbraucherpreisindex misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die in Deutschland konsumiert werden. Für den spezifischen Anstieg von Mieten kann er nicht herangezogen werden – erst recht nicht für den speziellen Mietmarkt in München. Vielmehr ist der Mietspiegel das zuverlässige Mittel, um die ortsübliche Vergleichsmiete festzustellen.
»Die ortsübliche Vergleichsmiete ist auch für alle wichtig, die einen neuen Mietvertrag unterschreiben«
Sie hört sich sperrig an, spielt aber im Mietrecht eine wichtige Rolle: die ortsübliche Vergleichsmiete. Sie beschreibt den Preis, der für eine vergleichbare Immobilie üblicherweise gezahlt wird. In München können Mieter*innen die ortsübliche Vergleichsmiete über den Mietspiegel online berechnen (2023. mietspiegel-muenchen.de). Auch der Mieterverein hilft bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete gern. Wichtig zur Berechnung sind verschiedene Faktoren. Etwa die Lage der Wohnung: Eine Wohnung in einer zentralen Lage mit guter Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel oder Einkaufsmöglichkeiten ist teurer als eine Wohnung am Stadtrand. Oder auch die Größe der Wohnung: Je größer die Wohnung, desto höher ist insgesamt die ortsübliche Vergleichsmiete für die gesamte Wohnung. Ebenfalls ein Kriterium: die Ausstattung. Eine moderne Ausstattung mit großem Balkon, hochwertigem Boden und Einbauküche führt zu höheren Mietpreisen. Wichtig sind außerdem Baujahr und Zustand des Hauses.
Ist die ortsübliche Vergleichsmiete erst einmal ermittelt, wissen Mieter*innen, wie stark ihre Miete erhöht werden darf. Denn in angespannten Wohnungsmärkten wie München dürfen Vermietende die Miete innerhalb von drei Jahren um maximal 15 Prozent erhöhen. Aber eben nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Ist diese bereits erreicht, ist eine Mieterhöhung nicht mehr möglich.
Die ortsübliche Vergleichsmiete ist auch für alle wichtig, die neu in eine Wohnung ziehen. Denn bei Wiedervermietungen gilt die Mietpreisbremse. Sie sagt, dass die Miete für eine Wohnung maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Wichtig zu wissen: Sie können eine Wohnung auch beziehen und erst danach die Mietpreisbremse einfordern. Denn wer diese bereits vor dem Unterschreiben des Mietvertrags anbringt, bekommt oft den Zuschlag für eine Wohnung nicht. Bei vielen Wohnungen in München wird die Mietpreisbremse nicht eingehalten. Lassen Sie sich von uns dazu beraten. Unsere Jurist*innen prüfen gerne für Sie, ob eine Ausnahme der Mietpreisbremse vorliegt (über diese müssen Vermietende unaufgefordert vor Vertragsabschluss die Mietenden informieren), ob die Mietpreisbremse eingehalten wird oder ob Sie Ihre Miete dauerhaft senken können. Mietende können zu viel gezahlte Miete auch rückwirkend zurückfordern. Und zwar für einen Zeitraum von bis zu zweieinhalb Jahren nach Vertragsabschluss bei Mietverträgen, die nach April 2020 geschlossen wurden. Bei Mietverträgen, die davor unterzeichnet wurden, kann die zu viel bezahlte Miete ab Eingang der Rüge des Mieters oder der Mieterin zurückverlangt werden.
Text: Ramona Weise-Tejkl
Illustration: iStock/rudall30