Enttäuschende BGH-Rechtsprechung zu Vonovia
Betriebskostenverordnung muss geändert werden
Immobilienriese Vonovia darf durch Einschalten von Tochterfirmen indirekt Gewinne bei den Betriebskosten seiner Mieter*innen machen. Und damit die Mieterinnen und Mieter finanziell stärker belasten. Die Tochtergesellschaften, die Aufträge an weitere Unternehmen vergeben, gelten für Mieter*innen im Prinzip wie externe Unternehmen – so hat der Bundesgerichtshof (BGH) anlässlich zweier Fälle aus Dresden entschieden (VIII ZR 102/21; VIII ZR 114/21). „Das heißt Mieterinnen und Mieter haben kein tiefergehendes Einsichtsrecht in die Belege. Eine enttäuschende Entscheidung, da wir hier einen Interessenkonflikt sehen, wenn Firmen Tochterfirmen ins Spiel bringen. Die Urteile lassen uns auch in Bezug auf unseren ausstehenden Fall aus München vor dem BGH wenig Gutes erhoffen“, sagt Volker Rastätter, der Geschäftsführer des DMB Mietervereins München.
Mieter*innen dürfen nur die Abrechnungen der Tochterfirmen einsehen, so der BGH. Aber in der Regel nicht die Rechnungen, die diese wiederum von Firmen erhalten, die sie für einzelne Leistungen einschalten – wie etwa den Winterdienst. So können Mieter*innen nicht nachprüfen, wie viel die Tochtergesellschaft nochmal für ihre Leistungen auf die Rechnungen der von ihr eingeschalteten Unternehmen aufschlägt. Und damit die Betriebskosten für die Mieter*innen teurer macht. Mehr Einblicke bekommen Mieter*innen nur, wenn die eingeschaltete Tochterfirma keine Gewinne macht, die Rechnungen der anderen Firmen also im Prinzip nur weitergibt. So wie es kleine, private Vermieter*innen in der Regel machen, die an den Betriebskosten auch nichts verdienen. Volker Rastätter: „Das wird kein großes Immobilienunternehmen in Zukunft mehr machen. Denn sie haben es jetzt schwarz auf weiß, dass ihre zwischengeschalteten Tochtergesellschaften Gewinne über die Betriebskosten machen dürfen und dass sie die genauen Zahlen nicht offen legen müssen.“
Die einzige Überprüfungsmöglichkeit, die Mieter*innen bleibt, ist, zu schauen, ob ein marktüblicher Preis für die Tätigkeiten der Tochtergesellschaft verlangt wird (Wirtschaftlichkeitsgebot). Volker Rastätter: „Dafür müssen Mieterinnen und Mieter Angebote von konkurrierenden Firmen einholen. Doch welche Firma schreibt einem denn ein aufwändiges, konkretes Angebot, wenn sie schon weiß, dass sie eh keinen Auftrag erhalten wird? Denn letztendlich entscheidet ja die Vermieterin oder der Vermieter über die Vergabe. Insofern geht dieser Vorschlag des BGH vollkommen an der Realität vorbei. Außerdem ist die Vonovia ein solcher Riese, dass ihre Preise den Markt bestimmen können.“
Auch der Mieterverein München hat einen Mieter bis vor den BGH in Sachen Vonovia begleitet. Franz Obst aus dem Kieferngarten will genauso wie die Dresdner Mieter*innen eine tiefergehende Belegeinsicht. Und hat in diesem Punkt vor dem Landgericht München I Recht bekommen. „Seitdem die Vonovia von externen Hausmeistern auf das Tochterunternehmen umgestellt hat, sind die Hauswartkosten von vorher rund 20.000 Euro auf rund 60.000 Euro im Jahr gestiegen“, sagt Obst.
Die Mietergemeinschaft der Wohnanlage im Kieferngarten mit 365 Mitgliedern wollte wissen, woher diese Kostensteigerungen kommen und ob die Vonovia an ihnen indirekt verdient. Franz Obst ist Vorsitzender der Mietergemeinschaft. Mietervereins-Geschäftsführer Rastätter: „Dieser Fall ist noch nicht entschieden. Da es sich hier um öffentlich geförderten Wohnraum handelt, könnte der BGH in Nuancen anders entscheiden als bei den Dresdner Fällen. Große Hoffnung haben wir aber nicht.“
Rastätter fordert: „Die Betriebskostenverordnung muss so geändert werden, dass nicht immer mehr große Wohnungsunternehmen auf den Zug aufspringen, die Betriebskosten ihrer Mieterinnen und Mieter durch das Einschalten von Tochtergesellschaften nach oben zu treiben und damit indirekt Gewinne zu machen.“
Pressemitteilung vom 10.12.2021