Die unlesbare Mieterhöhung
In unserer neuen Serie »Königlich Bayerisches Mietgericht«, so manch einer erinnert sich an die ZDF-Kultserie, stellen wir spannende mietrechtliche Urteile vor. Aus Bayern, aber auch den umliegenden Gefilden. Und zwar so, dass Sie kein Staatsexamen brauchen, um die Fälle zu verstehen.

Über eine neue, effektivere Heizanlage, den Einbau eines Aufzugs oder energieeffiziente Fenster sollten sich Mieter*innen eigentlich freuen. Eigentlich. Denn Vermieter*innen dürfen Modernisierungsmaßnahmen teilweise auf die Mieter*innen umlegen und das bedeutet: Mieterhöhung! Ein solches Mieterhöhungsverlangen hat auch eine Frau aus Hessen erhalten, nachdem monatelang Baulärm im Haus herrschte. Glück im Unglück: Die Mieterin konnte die Mieterhöhung nicht lesen, weil sie in Schriftgröße 4-5 geschrieben war. LG Darmstadt, Urt. v. 28.5.2024 – 8 S 7/23
Das Landgericht Darmstadt bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts, nachdem die Mieterin die Mieterhöhung nicht zahlen musste – eine Einzelfallentscheidung, die von einem anderen Gericht anders entschieden werden kann: Ein Anspruch auf Zahlung der erhöhten Miete bestehe nicht, da die Modernisierungsmieterhöhung formell unwirksam sei: Denn die Begründung zur Mieterhöhung sei nicht ausreichend lesbar. Zwar gibt es kein Gesetz zur normierten Mindestgröße von Schrift. Der Zweck des Textes könne aber nur erreicht werden, wenn der Text für Durchschnittskund*innen mühelos lesbar ist, so das Landgericht. Dies sei hier nicht der Fall. Die Schriftgröße von 4-5 liege unterhalb der typischerweise noch als ausreichend anzusehenden Schriftgröße von 6. Die geringe Schriftgröße werde auch nicht durch sonstige Faktoren, wie etwa eine besondere Schärfe des Druckbildes ausgeglichen. Im Gegenteil seien die Eintragungen teilweise leicht verschwommen.

Tipps von unserer Rechtsberaterin Anja Franz:
Auch wenn Sie Ihre Mieterhöhung in gut lesbaren Großbuchstaben erhalten, lassen Sie diese vom Mieterverein prüfen. Denn viele Mieterhöhungen sind formell unwirksam. Zudem prüfen wir in der Rechtsberatung, was eine auf die Mieter*innen umlagefähige Modernisierung und was eine bloße Instandsetzung ist. Eine Instandsetzung müssen Mietende nicht bezahlen.
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Illustration: Sylvia Neuner