Das bringt der Koalitionsvertrag Münchens Mieter*innen

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP steht. „Der bestehende, dringend nötige Mieterschutz wird nicht abgebaut. Das ist die gute Nachricht. Doch es reicht nicht, die schlimmsten Befürchtungen nicht zu erfüllen. Es bräuchte ein Gesamtkonzept mit Vision“, sagt Volker Rastätter, der Geschäftsführer des DMB Mietervereins München. In Schulnoten wäre das die Note 4: Ausreichend. „Wer die Realität auf dem Wohnungsmarkt kennt, weiß: Die wenigen neuen Maßnahmen im Koalitionsvertrag werden nicht reichen, um die Lage zu beruhigen. Gerade München bräuchte dringend Hilfe von der Bundespolitik ­– in Form eines schlüssigen Gesamtkonzepts mit Bodenrechtsreform, Mietenstopp und einer Mietpreisbremse, die ihren Namen verdient“, sagt Rastätter.

Hoffnung setzt der Geschäftsführer des DMB Mietervereins München auf das neue, eigenständige Bauministerium. „Die Ampel-Parteien erkennen mit dem eigenständigen Ministerium an, wie groß das Problem auf dem Wohnungsmarkt ist. Bislang gehörte der Bereich als einer von vielen zum Innenministerium. Nun liegt es an der neuen Bauministerin oder dem Bauminister, sich für die Belange der Menschen, die zur Miete wohnen, einzusetzen. Die SPD übernimmt das Ministerium und hatte im Wahlkampf dafür geworben, für bezahlbare Mieten zu kämpfen. Jetzt wollen wir Taten sehen!“

Bestehende Regeln werden nur verlängert, nicht verbessert

Schlecht ist, dass die bestehenden Mieterschutzregeln laut Koalitionsvertrag nur verlängert, aber nicht verbessert werden. Etwa die Mietpreisbremse mit ihren vielen Ausnahmen und Schlupflöchern – so gilt die Bremse zum Beispiel nicht, wenn schon die Vormiete höher war. Rastätter: „Wer in München eine Wohnung sucht, findet extrem viele Angebote teurer, möblierter Wohnungen. Mit diesen möblierten Wohnungen wird es Menschen gezielt extrem schwer gemacht, die Mietpreisbremse geltend zu machen.“ Normalerweise darf bei der Mietpreisbremse die ortsübliche Vergleichsmiete um maximal 10 Prozent überschritten werden. Bei möbliertem Wohnraum kommt zusätzlich noch ein Möblierungszuschlag dazu. In welcher Höhe dieser angemessen ist, können Laien kaum selbst berechnen. Außerdem führt die Höhe des Zuschlags immer wieder zu juristischem Streit. Eine Regelung zum Möblierungszuschlag zu finden, hat die Ampel aber genauso verpasst, wie die Regeln für Eigenbedarfskündigungen zu verschärfen. „Eigenbedarf darf also weiterhin auch für entfernte Verwandte, Hauspersonal oder gelegentliche Opernbesuche angemeldet werden“, sagt Volker Rastätter. „Das ist für München ein großes Problem. Denn wir haben seit Jahren steigende Zahlen bei Eigenbedarfskündigungen. Diese Art von Kündigungen sind eine relativ einfache Möglichkeit, jemanden aus der Wohnung zu bekommen.“ Auch steht im Koalitionsvertrag nicht davon, dass der Paragraf zur Mietpreisüberhöhung (§5 Wirtschaftsstrafgesetz) so angepasst wird, dass er endlich in der Realität auch anwendbar ist. Derzeit müssen Mieter*innen vor Gericht nachweisen, dass Vermieter*innen eine Notlage ausgenutzt haben – was kaum möglich ist.

Ein Mietenstopp kommt nicht vor

Während die Mietpreisbremse nur für neu abgeschlossene Mietverträge gilt, hat es die Ampel versäumt, auch ein gutes Konzept für Mietsteigerungen in bestehenden Mietverhältnissen aufzulegen. Ein Mietenstopp (www.mietenstopp.de) hätte die Mieten auf dem jetzigen Stand eingefroren – auch bei Index- und Staffelmietverträgen. Nun möchte die Ampel lediglich die sogenannte Kappungsgrenze absenken. In angespannten Wohnungsmärkten wie München sollen Mieten zukünftig nur noch um 11 Prozent in drei Jahren erhöht werden dürfen, statt bisher 15 Prozent. Obergrenze dabei ist die ortsübliche Vergleichsmiete. Rastätter: „Für die Münchnerinnen und Münchner ist es gut, wenn ihre Miete nun weniger schnell steigen darf. Allerdings wäre es dringend notwendig, dass die Mieten in München gar nicht mehr steigen und dass auch Staffel- und Indexmietverträge abgesichert sind. All das schafft die Kappungsgrenze nicht. Dafür braucht es einen Mietenstopp.“

Auch bei Modernisierungs-Mieterhöhungen würde das Konzept eines Mietenstopps greifen. Die Ampel-Parteien wollen einen Umstieg auf ein Teilwarmmieten-Modell prüfen, in das auch die Modernisierungsumlage aufgehen soll. „An diesem Punkt müssen wir genau hinsehen, was sich hinter einem solchen Teilwarmmieten-Modell verbirgt. Es kann nicht sein, dass Mieter am Ende einen größeren Anteil der Modernisierungskosten bezahlen müssen. Derzeit dürfen Vermieter von den Kosten maximal drei Euro pro Quadratmeter Wohnfläche auf die monatliche Miete draufschlagen. Das ist schon zu viel. Mehr darf es aber auf keinen Fall werden“, so Volker Rastätter.

CO2-Preis wird geteilt

Beim CO2-Preis haben sich die Parteien darauf geeinigt, dass diese Steuer voraussichtlich zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen ab dem 1. Juni 2022 aufgeteilt wird. Dies, wenn es bis dahin nicht gelingt, andere, komplizierte Regelungen durchzusetzen. Eine hälftige Teilung wäre eine Verbesserung im Vergleich zum Ist-Zustand. Bislang bezahlen Mieter*innen die Steuer komplett, obwohl sie keinen Einfluss auf die Art der Heizung haben. „Logisch wäre es gewesen, dass Vermieterinnen und Vermieter komplett für diese Steuer aufkommen, denn sie können entscheiden, ob sie eine umweltfreundlichere Heizung einbauen“, so Rastätter.

Bei den geplanten 400 000 neuen Wohnungen jährlich sollen 100 000 geförderte Wohnungen entstehen. Volker Rastätter: „200 000 geförderte Wohnungen wären hier mindestens nötig gewesen. Denn wir brauchen keine Luxuswohnungen, sondern Wohnungen für Normalverdienende.“ Vermieter*innen sollten auch dann nur mehr von ihren Baukosten abschreiben können (drei Prozent statt bisher zwei laut Koalitionsvertrag), wenn sie geförderten Wohnraum bauen, fordert Rastätter.

Eine Bodenreform wollen die Ampel-Parteien laut Koalitionsvertrag nicht angehen. Volker Rastätter: „Es wird also weiterhin bei exorbitanten Bodenpreisen bleiben. Es ist für München fatal, wenn Bodenpreise weiter so in die Höhe schnellen können. Denn wenn der Boden schon extrem viel kostet, kann nur schwer bezahlbarer Mietwohnraum entstehen.“

Neue Wohngemeinnützigkeit als wichtiger Schritt

Den Erhebungszeitraum für Mietspiegel auf sieben Jahre von sechs Jahren zu erhöhen, ist nur eine kleine Verbesserung für Mieter*innen in München – es fließen ein paar mehr Bestandsmieten ein, die sich in der Regel preismildernd auswirken. „Unsere Forderung ist, dass einfach alle Mieten in den Mietspiegel einfließen. Und nicht nur die in den letzten sieben Jahren neu abgeschlossenen oder veränderten Mieten. Nur dann würden Mietspiegel ein realistisches Bild liefern“, so Rastätter. Mietspiegel werden verwendet, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu berechnen. Diese ist beispielsweise für Mieterhöhungen relevant. Interessant könnte das im Koalitionsvertrag angesprochene Pilotprojekt sein, das Mietspiegel anhand von Angaben in der Steuererklärung erheben will. „Denn hier wären alle Mieten umfasst – und der Eiertanz um die Bestandsmieten endlich aufgelöst“, sagt Rastätter.

Ein guter und wichtiger Schritt ist, dass die Ampel-Parteien wieder eine Wohngemeinnützigkeit einführen wollen. Das Grundprinzip: Wer dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schafft, wird steuerlich begünstigt. „Ein richtiger und wichtiger Schritt. Jetzt kommt es darauf an, wie die Regelung konkret ausgestaltet wird“, sagt Volker Rastätter. Eine Wohngemeinnützigkeit gab es schon einmal, sie wurde aber 1989 von der damaligen Regierung abgeschafft. Rastätter: „Ein großer Fehler, ein Großteil des damaligen Bestandes ist in den Händen von Spekulantinnen und Spekulanten. Wir fangen also von vorne an.“

In Sachen Vorkaufsrecht gibt es kein Festlegen der Ampel-Parteien, das Baugesetzbuch so anzupassen, dass Kommunen wie München das Vorkaufsrecht in Erhaltungssatzungsgebieten weiter ausüben können. Jedoch aber die Zusage zu prüfen, ob sich nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt. Volker Rastätter: „Sobald die Urteilsbegründung da ist, müssen die Ampel-Parteien reagieren und das Baugesetzbuch anpassen. Für München ist das Vorkaufsrecht extrem wichtig. Die künftige Bauministerin oder der künftige Bauminister muss in Sachen Vorkaufsrecht sofort aktiv werden.“

Pressemitteilung vom 26.11.2021

Foto: Adobe Stock/© FleischiPixel

 
Hier erreichen Sie uns