Belastung durch Energiekosten in München verdoppelt
Eine Studie des Öko-Instituts e.V. im Auftrag des Deutschen Mieterbundes zeigt, wer besonders unter den gestiegenen Energiepreisen zu leiden hat
Jeder dritte Haushalt in Deutschland ist durch die Wohnkosten überbelastet. Die Energiekosten haben sich 2022 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Die Energiepreise belasten dabei die Haushalte mit geringem Einkommen besonders stark, obwohl sie in kleineren Wohnungen wohnen und weniger Energie verbrauchen – das zeigt eine aktuelle Studie des Öko-Instituts e.V. im Auftrag des Deutschen Mieterbundes (DMB).
In der Studie wurden Zahlen zur Wohnkostenbelastung in ganz Deutschland erhoben, aber auch die Städte München, Berlin und Rostock genauer analysiert.
Die Pressemitteilung des DMB finden Sie hier: Jeder dritte Mieterhaushalt ist finanziell überlastet (mieterbund.de)
Hier die regionalen Ergebnisse für München
- In München leben 67 Prozent der armen[1] Haushalte zu Miete, bei reicheren[2] Haushalten sind es nur 61 Prozent. 58 Prozent der Haushalte mit Kindern und rund die Hälfte der Menschen über 60 leben in einem Mietverhältnis (Landeshauptstadt München 2021)
- Der neuste qualifizierte Mietspiegel München 2023 weist eine durchschnittliche ortsübliche Nettokaltmiete von 14,58 Euro pro Quadratmeter aus, gegenüber 2021 ist das eine Steigerung von 21 Prozent. In diesen Wert fließen Mieten aus Verträgen ein, die in den vergangenen sechs Jahren abgeschlossen wurden. Erhebungen von Angebotsmieten, also inserierten Mietangeboten liegen deutlich höher, bei 20 Euro und mehr.
- 62 Prozent der ärmeren Haushalte zahlen mehr als 40 Prozent ihres Haushaltnettoeinkommens für Wohnkosten. In reicheren Haushalten haben dagegen über die Hälfte nur eine Wohnkostenbelastung von weniger als 20 Prozent. Die Wohnkostenbelastung bei Haushalten mit und ohne Kinder ist ähnlich hoch: 19% bzw. 22% dieser Haushalte haben eine Belastung von über 40% des Einkommens.
„Mieterinnen und Mieter mit geringem und mittlerem Einkommen sind in München schon längst an der Grenze der Belastbarkeit angelangt und müssen nun noch die doppelten Energiekosten stemmen“, sagt Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mieterverein München. Energetische Sanierungen können Energiekosten senken. „Aber es muss sichergestellt sein, dass diese nicht nur wieder von den Mieterinnen und Mietern finanziert werden. Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sagt Zurek. „Die Modernisierungsumlage muss für alle energetischen Sanierungsmaßnahmen gesenkt werden.“
[1] Arme Haushalte werden definiert als Haushalt mit einem Nettoeinkommen weniger als 60% des mittleren Nettoäquivalenzeinkommens in München.
[2] Definiert als Haushalt mit einem Nettoeinkommen von 200% oder mehr des mittleren Nettoäquivalenzeinkommens in München.
Die nachfolgenden Beispiele aus der Studie „Wohn und Energiekostenbelastung von Mietenden“ zeigen, wie stark sich die Energiepreise auf die Wohnkostenbelastung auswirken.
Beispiel 1 : Durchschnittlicher Alleinerziehenden-Haushalt in München
- Im Jahr 2021 lag die Wohnkostenbelastung für Alleinerziehende bei durchschnittlich 43 Prozent des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens.
- Im Vergleich zu 2022 ist die Bruttokaltmiete nur unwesentlich gestiegen, dafür aber haben sich die Energiekosten mehr als verdoppelt, von 62 Euro auf 130 Euro. Die Energiekostenbelastung ist dadurch von 3 auf 6 Prozent gestiegen.
- Die Wohnkostenbelastung insgesamt stieg von 2021 bis 2022 von 43 Prozent auf 46 Prozent.
2021 | 2022 | |
Verfügbares durchschnittlich Haushaltsnettoeinkommen |
2.242 € | 2320 € |
Bruttokaltmiete ** | 906 | 936 |
Energiekosten | 62 | 130 |
Energiekostenbelastung | 3 % | 6 % |
Wohnkostenbelastung kalt | 40 % | 40 % |
Wohnkostenbelastung warm | 43 % | 46 % |
Beispiel 2: Durchschnittlicher Haushalt mit zwei Kindern in München
- Im Jahr 2021 lag die Wohnkostenbelastung für Haushalte mit zwei Kindern in München durchschnittlich bei 34 Prozent.
- Auch hier haben sich die Energiekosten im Jahr 2022 mehr als verdoppelt (von 94 Euro auf 196). Die Energiekostenbelastung stieg dadurch von 2 auf 4 Prozent.
- Die gesamte Wohnkostenbelastung stieg so von 34 auf 36 Prozent.
2021 | 2022 | |
Verfügbares durchschn. Haushaltsnettoeinkommen | 4.288 | 4.437 |
Bruttokaltmiete ** | 1.373 | 1.418 |
Energiekosten | 94 | 196 |
Energiekostenbelastung | 2 % | 4 % |
Wohnkostenbelastung kalt | 32 % | 32 % |
Wohnkostenbelastung warm | 34 % | 36 % |
**Bruttokaltmiete ist die Nettokaltmiete plus kalte Nebenkosten
Forderungen des DMB zur Begrenzung des Wohnkostenanstiegs
– Umsetzung eines zeitlich befristeten Mietenstopps: Um Mieterhaushalte nicht noch weiter finanziell zu überfordern, sind Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen differenziert nach Wohnungsmärkten für 6 Jahre stärker zu begrenzen.
– Die Mietpreisbremse muss deutlich nachgeschärft werden und bundesweit gelten. Die Ausnahmen von der Mietpreisbremse müssen gestrichen werden und die Mietpreisüberhöhung ist effektiver zu bekämpfen.
– Das Verbot von Indexmietverträgen bei Neu- und Wiedervermietungen muss gesetzlich umgesetzt und für laufende Indexmietverträge eine Kappungsgrenze eingezogen werden.
– Ein Kündigungsmoratorium, das sicherstellt, dass niemand gekündigt werden darf, der wegen stark gestiegener Heiz- und Warmwasserkosten seine Betriebskostenabrechnung oder hohe Preisanpassungen nicht fristgerecht bezahlen kann.
– Der Bestand an Sozialwohnungen muss bis zum Jahr 2030 von aktuell 1,1 Millionen auf mindestens 2 Millionen aufgestockt werden. Dafür brauchen wir die Fertigstellung von jährlich mindestens 100.000 Sozialwohnungen.
– Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit ist 2023 umzusetzen, um im Mietwohnungsmarkt ein dauerhaft preisgebundenes bzw. bezahlbares Segment zu etablieren.
– Zur Umsetzung dieser Ziele schlägt der Deutsche Mieterbund ein Sondervermögen in Höhe von 50 Mrd. Euro für den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau vor.
Pressemitteilung vom 29.06.23