Aufmüpfig und Spaß dran

Er ist Münchens Bier-Revoluzzer: Steffen Marx will es mit seinem Giesinger Bräu langfristig auf die Wiesn schaffen. Auf dem Weg dorthin etabliert er gerade Stehausschänke in jedem Viertel. Nächstes Ziel: ein eigener Biergarten.

Steffen Marx hat das Giesinger Bräu seit 2006 aufgebaut. Hier vor dem Stehausschank in der Augustenstraße.

Einer, „der sich gar nix scheißt“, so wird Giesinger-Bräu-Chef Steffen Marx (47) in einem aktuellen Kinofilm über die Brauerei angekündigt. Und der gebürtige Thüringer Marx ist tatsächlich jemand, der kein Problem damit hat, sich mit den Großen zu messen und mit seinem Image als Underdog zu spielen. Seine Brauerei hat es seit 2006 vom Garagen-Bierlaboratorium in die Riege der nun sieben großen Münchner Brauereien geschafft. Denn da die Giesinger Brauerei seit fünf Jahren einen Tiefbrunnen in der Landeshauptstadt hat, braut sie mit echtem Münchner Wasser – und das auf Stadtgebiet. Voraussetzungen für echtes Münchner Bier und damit für die Wiesn. Wann es so weit sein könnte und warum die neuen Stehausschänke der Brauerei gut ankommen, erzählt Marx im Interview.

Hallo Herr Marx, Sie haben mittlerweile vier Stehausschänke im Stadtgebiet. Nur Getränke, kein Essen – hätten Sie gedacht, dass das funktionieren kann?
Boazn gab es in München schon immer, in den letzten Jahren wurden sie weniger. Der Unterschied von uns zu, sagen wir mal, „Heikes Pils Kneipe“ ist, dass wir vor allem Leute anziehen wollen, die nach der Arbeit noch ein Bier trinken. Deswegen geht es bei uns nicht vor 16 Uhr los, und spätestens gegen Mitternacht ist Schluss. Und wir schauen, dass es in der Nähe auch immer was gibt, wo sich die Leute Essen auf die Hand mitnehmen können. Oder sie kommen vor dem Essengehen oder danach noch in den Stehausschank.

Also eher gehobenes Trinken als ein Ort für Bierdimpfel?
So würde ich es nicht ausdrücken. Aber wir achten schon aufs Interieur. Es ist hell eingerichtet bei uns, ohne Schnickschnack. Wir haben festgestellt, die Leute mögen das. Unsere Zielgruppe ist im Alter von 25 bis 50 Jahren. Ich hab mal die Parole rausgehauen: „Lasst uns in jedes Viertel gehen!“ Mal sehen, ob wir das schaffen (lacht).

Wie kam es zur Idee mit den Stehausschänken?
Wir wollten uns in der Stadt mehr zeigen. Vor Corona gab es aber kaum freie Immobilien. Dann wurden uns 30 Quadratmeter am Viktualienmarkt angeboten. Daraus haben wir dann den ersten Stehausschank gemacht. Eher aus der Not heraus. Mittlerweile haben wir noch einen Stehausschank in Sendling in der Oberländerstraße, in der Maxvorstadt in der Augustenstraße und an der Universität. Mittlerweile werden wir von den großen Brauereien kopiert – auch Löwenbräu hat jetzt zum Beispiel einen Stehausschank. Ich hab’ einen Riesenspaß daran, dass die Leute das Konzept lieben. Die Story kann uns keiner mehr nehmen.

Sie sind eh einer, der sich nicht scheut, sich auch mit den Großen des Münchner Bierhimmels anzulegen. Seit Jahren melden Sie immer wieder Ansprüche aufs Oktoberfest an. Wie sieht es damit aus?
Wir haben alle Voraussetzungen für das Oktoberfest und bereiten alles darauf vor, uns die nächsten Jahre zu bewerben. Im Vorfeld würden wir noch gern Erfahrungen mit einem eigenen Biergarten sammeln. Das wäre das nächste Projekt, um unsere Wiesntauglichkeit zu zeigen. Damit wir auf die Wiesn können, muss die Stadt mitspielen. Aber das Oktoberfest, klar, das ist nach wie vor unser großes Ziel.

In den Betriebsvorschriften fürs Oktoberfest steht, dass nur Münchner Bier der „leistungsfähigen und bewährten“ Münchner Traditionsbrauereien ausgeschenkt werden darf. Das seien derzeit die Augustinerbrauerei, die Hacker-Pschorr-, die Löwen, die Paulaner- und die Spatenbrauerei sowie das Staatliche Hofbräuhaus. In diese Liste müsste der Stadtrat das Giesinger Bräu aufnehmen. Könnten Sie überhaupt die Masse an Bier brauen, die es für die Wiesn braucht?
Fürs Oktoberfest gibt es keine Voraussetzungen in Sachen Quantität. Wir brauen derzeit 40 000 Hektoliter Bier im Jahr. Ein Zelt mit 500 bis 800 Plätzen könnte ich mir zum Start in ein paar Jahren gut vorstellen.

Das wäre von der Größe dann eins der 21 kleineren Wiesnzelte, keine der großen Festhallen. Würde es dann auch Ihr alkoholfreies Bier auf dem Oktoberfest geben?
Unser alkoholfreies Bier wird sehr gut angenommen. Es ist naturtrüb und mittlerweile unsere viertstärkste Sorte. Ich hab’ lange mit dem Thema gehadert. Wir haben früher in einer Garage gebraut und gesagt, wir verkaufen nie alkoholfreies Bier. Aber dieses Bier konnte früher halt auch nichts. Das war oft sehr malzig. Heute ist das anders, die Herstellungsprozesse sind auch andere. Unser alkoholfreies Bier schmeckt richtig gut. Von daher: Klar würden wir es auch auf der Wiesn anbieten.


Die Stehausschänke des Giesinger Bräu
(keine Reservierung möglich)

Viktualienmarkt
Prälat-Zistl-Straße 4,
Di–Sa 11–24 Uhr,
Halbe Bier 4,50 Euro

Sendling
Oberländerstraße 31,
Di–Fr 16–24 Uhr,
Halbe Bier 4,20 Euro

Maxvorstadt
Augustenstraße 90,
Di–Sa 16–24 Uhr,
Halbe Bier 4,20 Euro

Universität
Schellingstraße 27,
Mo–Sa 17–24 Uhr,
Halbe Bier 4,20 Euro

Die Biere gibt’s nicht nur im Stehausschank, sondern auch im „Bräustüberl“ in der Martin-Luther-Straße 2.

 

Text: Ramona Weise-Tejkl
Fotos: Astrid Schmidhuber

 
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