Osterhase bringt Mietern ein faules Ei: Bayerns Regierung drückt sich beim Volksbegehren Mietenstopp vor Verantwortung

Ein sicheres Dach über dem Kopf ist in Corona-Zeiten wichtiger denn je. Umso unverständlicher ist es, dass das bayerische Innenministerium das Volksbegehren #6JahreMietenstopp nun nicht zugelassen und damit an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof verwiesen hat. „Die Regierung Bayerns zeigt derzeit in der Corona-Krise, dass sie voranschreiten kann – diese mutige Entscheidungsfreude hätten wir uns auch für das Volksbegehren Mietenstopp gewünscht“, sagt Kampagnenleiter Matthias Weinzierl. „Denn genau die Corona-Krise wird das Mietenproblem in Bayern massiv verstärken, wenn Menschen geringere Einkommen etwa durch Kurzarbeit haben. Wenn dann noch eine Mieterhöhung dazu kommt, verschärfen sich die Probleme der betroffenen Mieterinnen und Mieter drastisch. Mit unserem Volksbegehren wären genau diese Erhöhungen für sechs Jahre ausgeschlossen.“

„Es kommt auf den politischen Willen an“

Das Argument, der Freistaat habe nicht die Gesetzgebungs-Kompetenz, einen Mietenstopp über das öffentliche Recht zu erlassen, entkräftet der Bielefelder Verfassungsrechts-Experte Professor Franz Mayer. „Es kommt hier auf den politischen Willen an. Seit der Föderalismusreform 2006 sind die Bundesländer für das Recht des Wohnungswesens zuständig.“ Außerdem heiße es in der bayerischen Verfassung in Artikel 106 eindeutig: ‚Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung.‘

„Eine Kompetenzsperre durch den Bund liegt nicht vor. Öffentlich-rechtliche Regeln im Mietpreisrecht sind nichts Neues, die gab es erstmals im Jahr 1914. Das ist nur in Vergessenheit geraten“, sagt Professor Mayer. Durch die Notsituation auf dem Mietmarkt in Bayern dränge es sich doch nahezu auf, über das öffentliche Recht eine Mietpreisregulierung zu betreiben.

Mietenstopp als maßvolles Instrument

Der Mietenstopp sei ein maßvolles Instrument, so der Verfassungsexperte. So gibt es etwa eine Erhöhungsmöglichkeit für jene Vermieter, die deutlich unter dem Mietspiegel vermieten. Mietsenkungen sind nicht vorgesehen. Nun entscheidet der Bayerische Verfassungsgerichtshof über das Volksbegehren. Mietenstopp-Kampagnenleiter Matthias Weinzierl: „Wir sind optimistisch, dass das Gericht im Sinne von Bayerns Mieterinnen und Mietern handeln wird – und das Volksbegehren zulässt.“ Dann könnte es im Herbst so weit sein, dass Bayerns Bürger beim Volksbegehren über den Mietenstopp entscheiden.

Zum Volksbegehren: Der Gesetzestext zum Volksbegehren #6JahrenMietenstopp sieht vor, Mieterhöhungen in angespannten Wohnungsmärkten (162 Städte und Gemeinden) in Bayern bei laufenden Mietverhältnissen sechs Jahre lang zu unterbinden. Auch bei Staffel- und Indexmietverträgen werden die Mieten eingefroren. Eine Regelung soll allerdings sozial verantwortlichen Vermietern entgegenkommen. Eine Erhöhung der Miete ist dann noch erlaubt, wenn die erhöhte Miete nicht den Betrag von 80 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete übersteigt. Wer derzeit sehr wenig Miete verlangt, soll also noch einen kleinen finanziellen Spielraum haben, um nicht in Bedrängnis zu kommen. Vom Gesetz ausgeschlossen sind Mieten in Neubauten (ab 1. Januar 2017), da Investitionen nicht gebremst werden sollen. Bei Wiedervermietungen soll nach dem Gesetzestext künftig auch nur maximal die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen, das Gleiche gilt für  Modernisierungs-Mieterhöhungen. Verstöße gegen das Mietenstopp-Gesetz sollen mit bis zu 500.000 Euro bestraft werden können.

Die wichtigsten Forderungen im Überblick:

  • Sechs Jahre lang keine Mieterhöhungen bei laufenden Mietverhältnissen – auch bei Staffel- und Indexmietverträgen
  • Ausgenommen sind Mieten in Neubauten, da Investitionen nicht gebremst werden sollen
  • Bei Wiedervermietungen und nach Modernisierungen soll maximal noch die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen
  • Spielraum für faire Vermieter: Mieterhöhung bis 80 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich

Die Hauptunterstützer des Volksbegehrens:

DMB Mieterverein München, Deutscher Mieterbund (DMB) Landesverband Bayern*, München SPD, Bayern SPD, DGB Region München**, Die LINKE Landesverband Bayern, Die LINKE München, #ausspekuliert

*mit: DMB Mieterverein Erding und Umgebung e.V., Mieterverein Würzburg und Umgebung e.V., Mieterschutzverein Garching-Hochbrück e.V., Mieterverein Forchheim e.V., Mieterverein Passau e.V., DMB Mieterverein Ingolstadt und Umgebung e.V., Deutscher Mieterbund Nürnberg und Umgebung e.V., DMB Mieterverein Lindau und Umgebung e.V., Mieterverein Dachau und Umgebung e.V., Mieterverein Kaufbeuren und Umgebung e.V., Mieterverein Schwandorf und Umgebung e.V., Deutscher Mieterbund Aschaffenburg und Umgebung e.V., Mieterbund Regensburg e.V., Mieterverein Augsburg und Umgebung e.V., Mieterverein Freising e.V.

**mit: IG BAU, IG BCE, EVG, GEW, IGM, NGG, GdP, ver.di

Weitere Unterstützer:

Die Grünen Bayern und München, Sozialverband VdK Bayern, ÖDP Bayern, Mieterbeirat München, Kreisjugendring München-Stadt, mut, Volt Europa, Condrobs München, Forum für nachhaltige Wirtschaft, SoVD (Sozialverband Deutschland) Landesverband Bayern, Paritätischer Wohlfahrtsverband Bezirksverband Oberbayern, GLS Bank, BISS – Bürger in sozialen Schwierigkeiten e.V.

Foto: Sigi Jantz

Pressemitteilung vom 17.4.2020

 
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