Keine Chance!

Bayern hat seine unwirksame Verordnung zur Mietpreisbremse zunächst nur nachgebessert. Es wäre aber gleich ein Neuerlass nötig gewesen, urteilte das Amtsgericht München im Fall von Eva S. Unser Mitglied hatte gegen seinen Vermieter auf Basis der nachgebesserten Verordnung geklagt

Sie hat sich auf die bayerische Staatsregierung verlassen. „Jetzt bin ich schwer enttäuscht“, sagt Eva S. (34). Die Münchnerin hatte die Mietpreisbremse betätigt – nachdem die bayerische Staatsregierung die zunächst unwirksam erlassene Verordnung im Juli 2017 nachgebessert und aus Sicht der Regierung geheilt hatte. Trotzdem hat Eva S. nun vor dem Amtsgericht gegen ihren Vermieter verloren. Weil die fehlerhafte Verordnung eben nicht durch eine Nachbesserung geheilt werden konnte, sondern neu hätte erlassen werden müssen, wie es der DMB Mieterverein München immer wieder angemahnt hatte. Das hat die Staatsregierung erst jetzt, zwei Jahre später zum 7. August 2019, nachgeholt – für Eva S. deutlich zu spät.

Die Münchnerin hatte im Oktober 2017 eine knapp 60 Quadratmeter große Wohnung an der Schwanthalerhöhe angemietet. Für die drei Zimmer bezahlte Eva S. 1.200 Euro kalt und 1.350 Euro warm an Miete. Zu viel – bei geltender Mietpreisbremse, wie der Mieterverein für sein Mitglied ausrechnete. Die Kaltmiete dürfte 13,61 Euro pro Quadratmeter für eine Wohnung dieser Ausstattung in dieser Lage betragen, bei Eva S. waren es 20,33 Euro pro Quadratmeter. Die Mietpreisbremse besagt, dass Mieten bei Wiedervermietungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Eva S. rügte den Verstoß ihres Vermieters und zog, als dieser nichts unternahm, mithilfe des Mietervereins vor Gericht.

Doch das Amtsgericht München entschied nun mit Urteil vom 9. August: Es lag keine wirksame bayerische Rechtsverordnung zur Mietpreisbremse vor, als Eva S. ihren Mietvertrag abschloss. Die Mietpreisbremse galt also in Bayern nicht – und die 34-Jährige konnte sich damit auch nicht auf sie berufen. „Ich fühle mich von der bayerischen Regierung im Stich gelassen“, sagt Eva S. Es gibt bereits weitere, ähnliche Urteile des Münchner Amtsgerichts. Der Mieterverein wollte eigentlich ein letztinstanzliches Urteil vor dem Landgericht erwirken. Eine Berufung vor dem Landgericht hatte im Fall von Eva S. jedoch keine Aussicht auf Erfolg, da der Bundesgerichtshof (BGH) für einen ganz ähnlichen Fall in Hessen mit Urteil vom 17. Juli entschieden hat. Im Regelfall ist das Landgericht in Mietfragen die letzte Instanz. Revision vor dem BGH kann aber etwa zugelassen werden, wenn es um Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung geht. Auch in Hessen hatte die Landesregierung die Verordnung zur Mietpreisbremse nur nachgebessert. Und auch hier habe der zur Unwirksamkeit führende Begründungsmangel „durch die nachträgliche Veröffentlichung der Verordnungsbegründung nicht rückwirkend geheilt“ werden können, so das oberste Gericht.

„Die Mieter, die sich auf ihre Landesregierungen verlassen und auf Grundlage der Mietpreisbremse geklagt haben, sind nun die Dummen“, sagt Mietervereins-Geschäftsführer Volker Rastätter. „Wir fordern, dass ihnen die Regierungen zumindest die Gerichtskosten erstatten.“ Durch die Nachlässigkeit Bayerns gelte der Schutz der Bremse nun erst für Vertragsabschlüsse ab dem 7. August 2019 – statt ab dem 1. August 2015. Die Chronik: Die Mietpreisbremse ist ein bundesweites Gesetz, das die Landesregierung für die Kommunen des Freistaats per Verordnung anwendbar machen muss. Doch in der Verordnung vom Sommer 2015 hat die bayerische Landesregierung nicht für alle betroffenen Städte und Gemeinden einzeln begründet, warum die Mietpreisbremse jeweils gelten soll. Deswegen war die Verordnung laut Entscheidung des Landgerichts München I vom Dezember 2017 (Amtsgericht Juni 2017) „nichtig“ – die Mietpreisbremse galt in Bayern nicht. Die Landesregierung hatte lange auf ihre Nachbesserung vom Juli 2017 verwiesen, dann aber doch zum 7. August 2019 eine neue Verordnung erlassen.

 

Endlich bayerische Verordnung

Seit 7. August gilt nun auch im Freistaat die Mietpreisbremse. Möglich macht es eine neue Verordnung. Das müssen Mieter jetzt wissen

Es hat lange gedauert, zu lange! Doch seit diesem Sommer hat Bayern endlich wieder eine wirksame Verordnung zur Mietpreisbremse. Die von der Staatsregierung erlassene neue Mieterschutzverordnung ist am 7. August in Kraft getreten. Nötig geworden war das, weil der Freistaat die erste Verordnung im August 2015 fehlerhaft erlassen hatte (siehe S. 21) – die Mietpreis- bremse war daraufhin laut Entscheidung des Landgerichts München I vom Dezember 2017 in Bayern nicht gültig. Denn in der Verordnung hatte die Landesregierung nicht für alle betroffenen Städte und Gemeinden Bayerns einzeln begründet, weshalb die Mietpreisbremse jeweils gelten soll. Das wäre aber juristisch nötig gewesen, ein Formfehler.

Wichtig für Mieter ist nun:

  • Die Mietpreisbremse gilt in 162 bayerischen Städten und Gemeinden. Dazu gehört natürlich die Landeshauptstadt. Aber auch Kommunen im Speckgürtel rund um München wie Karlsfeld, Poing oder Germering. Eine Karte mit allen Städten und Gemeinden finden Sie auf unserer Homepage mieterverein-muenchen.de, die Mieterschutzverordnung finden Sie unter justiz.bayern.de.
  • Unter die Mietpreisbremse fallen in Bayern Mietverhältnisse, die ab dem 7. August abgeschlossen wurden. Alle, die bereits davor abgeschlossen wurden, sind nicht über die Miet- preisbremse geschützt.
  • Mit der Mietpreisbremse dürfen Mieten bei Neuvermietungen höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Diese ist für München im Mietspiegel ablesbar. Wichtig: Je nach Lage, Baujahr und Ausstattung gilt für Ihre Wohnung eine andere ortsübliche Miete. Deswegen die Miete genau im Mietspiegel ermitteln – und sich bei Bedarf von unseren Rechtsberatern helfen lassen.
  • Die Mietpreisbremse gilt auch für möblierte Wohnungen (siehe auch S. 4 des Magazins). Lassen Sie sich von unseren Beratern berechnen, welcher Möblierungsaufschlag angemessen ist.
  • Neu bei der Bundesregelung zur Mietpreisbremse ist seit 1. Januar, dass der Vermieter bereits vor Vertragsabschluss unaufgefordert und schriftlich darüber informieren muss, ob eine Ausnahme von der Mietpreisbremse vorliegt. Unterlässt der Vermieter dies, kann er sich zumindest zwei Jahre lang nicht auf diese Ausnahme berufen. Es ist für Mieter zudem einfacher geworden, eine Verletzung der Mietpreisbremse zu rügen. Zu viel bezahlte Miete muss der Vermieter für den Zeitraum ab der Rüge zurückbezahlen.

Das hat die GroKo auf Bundesebene vor
Die Große Koalition will gesetzlich umsetzen, dass Mieter künftig rückwirkend für einen Zeitraum von 2,5 Jahren nach Vertragsschluss Geld zurückfordern können, wenn ihr Vermieter gegen die Mietpreisbremse verstößt. Bisher hatten die Mieter erst ab dem Zeitpunkt der Rüge Anspruch auf weniger Miete. „Dann lohnt es sich für Vermieter weitaus weniger, die Mietpreisbremse zu umge- hen“, sagt Mietervereins-Geschäftsführer Volker Rastätter. Auch die geplante Verlängerung der Bremse bis 2025 sei positiv. Kritisch sieht der Mieterverein die Ausnahmen bei der rückwirkenden Rüge: Wer den Verstoß gegen die Mietpreisbremse später als 2,5 Jahre nach Vertragsschluss rügt, bekommt wie bisher kein Geld rückwirkend erstattet.

 

Foto: privat

 
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