„Trostpflästerchen helfen nicht gegen Mietenwahnsinn“
Hinweis: Dies ist eine Mitteilung der Kampagne Mietenstopp. Der DMB Mieterverein München engagiert sich in der Kampagne Mietenstopp.
Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition taucht eine Reduzierung der Mieten nur am Rande auf. Dem Thema Bauen und Wohnen soll ein eigenes Ministerium die notwendige Durchschlagskraft verschaffen. Ein Mietenstopp oder ähnlich weitreichende Verbesserung für den Mietenwahnsinn findet sich leider nicht. Die Koalition möchte ein Bündnis „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen relevanten Akteuren schließen. Die Kampagne Mietenstopp steht hierzu bereit.
Immerhin, der Koalitionsvertrag sieht vor, manche Mieterhöhungen im laufenden Mietverhältnis etwas stärker zu begrenzen. Eine Verbesserung für alle diejenigen, die eine neue bezahlbare Wohnungen suchen, findet sich dagegen nicht.
Absenkung Kappungsgrenze
In angespannten Wohnungsmärkten sollen Mieten zukünftig nur noch um 11% in drei Jahren erhöht werden dürfen, statt bisher 15%. Für alle anderen Mieter greift die allgemeine Kappungsgrenze von 20% alle drei Jahre. Hier sieht die Koalition keine Verbesserung vor. Wenn Mieten in laufenden Mietverhältnissen weniger stark erhöht werden dürfen als bisher, spüren das die Mieter*innen unmittelbar im Geldbeutel. Dennoch: es bleibt die Mieterhöhung, die bezahlt werden muss.
Daher ist die minimale Senkung der Kappungsgrenze enttäuschend, da sie den Kern des Problems nicht umfassend löst.
„Wir brauchen mehr als die minimale Senkung der Kappungsgrenze, damit wir den Wohnungsmarkt in den Griff bekommen. Die Senkung der Kappungsgrenze ist nur ein Trostpflästerchen gegen den Mietenwahnsinn“, sagt Matthias Weinzierl, Sprecher der Kampagne Mietenstopp. „Es ist höchste Zeit für umfassende Maßnahmen, die Mieterinnen und Mietern wirklich helfen. Und deswegen ist weiterhin ein Konzept mit einem bundesweiten Mietenstopp, also einem Einfrieren der Mieten auf dem jetzigen Stand, einer Bodenrechtsreform und verstärktem Neubau von bezahlbaren Mietwohnungen notwendig”.
„Auch wenn wir uns von der neuen Koalition mehr erwartet hätten: wir haben als Kampagne Sichtbarkeit für den bundesweiten Mietenwahnsinn geschaffen und werden nicht müde, unsere Forderungen gegen den Mietenwahnsinn weiter lautstark zu artikulieren.“
Die Einigung auf die Senkung der sogenannten Kappungsgrenze wird das große Wohnproblem in unserem Land nicht umfassend lösen. Die Kappungsgrenze legt fest, wie sehr die Miete innerhalb von drei Jahren
steigen darf. Vermieter*innen haben Anspruch auf die ortsübliche Vergleichsmiete. Die Kappungsgrenze begrenzt diesen Anspruch, damit keine zu heftigen Mietsteigerungen entstehen, so der Gedanke. Bisher durften Mieten maximal 20 Prozent in drei Jahren steigen, in Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt 15 Prozent. Diese Kommunen mit reduzierter Kappungsgrenze legen die Bundesländer selbst fest. Damit die Regelung greift, sind die Menschen in angespannten Wohnungsmärkte auf das Wohlwollen der Landesregierung angewiesen, ähnlich wie bei der Mietpreisbremse. Wenn eine weitere Regulierung nicht gewünscht ist, gehen die Mieter leer aus.
Nur eine extreme Senkung der Kappungsgrenze bzw. ein Mietenstopp wären spürbar gewesen.
Index- und Staffelmieten bleiben außen vor
Die Kappungsgrenze hilft unabhängig davon nur bei Mieterhöhungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Wer einen Index- oder Staffelmietvertrag hat, ist nicht geschützt. In all diesen Fällen würde aber das Konzept des Mietenstopps helfen, das alle Arten von Mieterhöhungen unterbindet und die Mieten auf dem jetzigen Stand einfriert. Neben Mieter*innen in Bestandsmietverhältnissen muss auch denjenigen geholfen werden, die eine Wohnung neu anmieten. Hierfür ist die Mietpreisbremse viel zu löchrig und schwer anwendbar. Das Konzept des Mietenstopps sieht Höchstwerte für Mieten in solchen Fällen vor.
Unzureichender Mieterschutz bei Modernisierung
Auch wer eine Modernisierungs-Mieterhöhung bekommen hat, würde vom Mietenstopp profitieren. Nicht aber von der Kappungsgrenze. Nach Modernisierungen werden Mieten häufig deutlich teurer. Der Koalitionsvertrag fordert eine weitere energetische Modernisierung des Gebäudebestands. Mit dem bestehenden Regelwerk droht Mietern eine Kostenexplosion. Ein massiver Ausbau der Fördermittel statt Mieterhöhungen wäre für die Finanzierung wichtig.
Neues Bauministerium
Die Kampagne begrüßt die Einführung des eigenständigen Bauministeriums ausdrücklich. „Das neue eigenständige Ressort zeigt, dass die Koalition dem Thema Wohnen und Bauen einen höheren Stellenwert beimisst. Es fristet in dieser Legislaturperiode kein Nischen-Dasein als Randthema in einem anderen Ministerium mehr. Daher gibt es Hoffnung, dass sich auf dem Wohnungsmarkt doch einiges zum Guten wendet, wenn auch dicke Bretter zu bohren sein werden“, so Matthias Weinzierl weiter.
Bau von 400.000 Wohnungen jährlich Die Koalition möchte 400.000 Wohnungen jährlich neu bauen, 100.000 davon als öffentlich geförderte Sozialwohnungen. „Es wird eine echte Herausforderung, dieses wichtige Ziel zu erreichen. Wichtig ist, dass diese Wohnungen auch bezahlbar sind. Wir erwarten deswegen, dass der Fokus auf den 100.000 geförderten Wohnungen liegt“, so Weinzierl.
Auch wenn neue Wohnungen notwendig sind, löst „Bauen, Bauen, Bauen“ allein die angespannte Situation nicht. Es hilft auch denjenigen nicht, die jetzt unter hohen Mieten leiden. Hier hilft nur ein Mietenstopp.
Pressemitteilung vom 24.11.2021