Hohenzollernkarree: Bundesgerichtshof entscheidet über Musterfeststellungsklage
In der ersten Instanz hat der DMB Mieterverein München die erste Musterfeststellungsklage im Mietrecht für die Mieterinnen und Mieter im Schwabinger Hohenzollernkarree gewonnen – doch die Eigentümer-GmbH des Karrees legte Revision ein. Nun ist klar, wann der Bundesgerichtshof bezüglich der angekündigten Modernisierungs-Mieterhöhungen verhandelt: am Donnerstag, 18. März 2021, um 10.30 Uhr. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass auch der Bundesgerichtshof im Sinne der Mieterinnen und Mieter entscheiden wird“, sagt Mietervereins-Geschäftsführer Volker Rastätter. „Bei einer abermaligen positiven Entscheidung dürfen die Mieterhöhungen deutlich geringer ausfallen, als es die Eigentümer-GmbH gerne hätte.“
Der Hintergrund: Das Oberlandesgericht München hatte im Oktober 2019 in Sachen Musterfeststellungsklage entschieden, die Max-Emanuel Immobilien GmbH als Vermieterin dürfe die Kosten der angekündigten Modernisierung der Wohnungen des Hohenzollernkarrees in Schwabing nicht nach altem Recht auf die Mieter*innen umlegen. Es müsse neues, mieterfreundlicheres Recht zum Zug kommen. Für die Mieter*innen ein großer Unterschied: Ein betroffenes Ehepaar hätte nach altem Recht 729 Euro mehr an Miete pro Monat bezahlen müssen. Nach neuem Recht erhöht sich die Miete um maximal rund 230 Euro im Monat.
Die Max-Emanuel Immobilien GmbH hatte versucht, noch altes Recht anzuwenden, indem sie die Arbeiten an den Häusern noch schnell am 27.12.2018 angekündigt hatte. Neues, mieterfreundlicheres Recht gilt seit 1. Januar 2019, also ein paar Tagen später. Die eigentliche Modernisierung sollte erst mehr als zwei Jahre nach der Ankündigung umgesetzt werden. Trotzdem noch schnell altes Recht abzugreifen, das hielt der Mieterverein für nicht zulässig – und hat vor Gericht in erster Instanz stellvertretend für die 145 Mietparteien gewonnen, die sich in das Klageregister beim Bundesamt für Justiz eingetragen hatten.
Früher durften jährlich elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Mieter umgelegt werden. Seit 1. Januar 2019 sind es nur noch acht Prozent jährlich. Zusätzlich gilt eine Obergrenze von einer erlaubten Erhöhung von (je nach Höhe der Ausgangsmiete) zwei oder drei Euro pro Quadratmeter im Monat innerhalb von sechs Jahren nach der Modernisierung.
Die gewonnene Musterfeststellungsklage: Eine große Erleichterung für viele der Mieter*innen, die fürchteten, ihre Wohnung künftig nicht mehr bezahlen zu können. Doch die Max-Emanuel Immobilien GmbH entschied sich, in Revision zu gehen. „Das hat uns nicht überrascht. Modernisierungen waren, solange das alte Recht in dem Bereich galt, ein beliebtes Mittel, um Mieterinnen und Mieter zu verdrängen. Und genau das ist unserer Meinung nach auch das Ziel der Max-Emanuel Immobilien GmbH. Die Personen, die hinter der GmbH stehen, sind sich ihrer sozialen Verantwortung in keiner Hinsicht bewusst“, sagt Mietervereins-Geschäftsführer Volker Rastätter.
Wie lukrativ es ist, Mieter dazu zu bewegen, auszuziehen, damit Wohnungen anschließend viel teurer vermietet oder langfristig in Eigentumswohnungen umgewandelt werden können, wird am Beispiel Hohenzollernkarree deutlich. So bezahlt die Max-Emanuel Immobilien GmbH Mieter*innen, die sich zum Auszug bereit erklären, hohe fünfstellige Abfindungsbeträge. „Mieterinnen und Mietern, die sich dem permanenten psychischen Druck nicht aussetzen wollen, ihre Wohnung vielleicht doch zu verlieren, kann kein Vorwurf gemacht werden. Wir als Mieterverein haben denjenigen, die eine Abfindung annehmen wollten, geholfen, dass sie einen angemessenen Betrag erhalten. Und wir haben sie darauf hingewiesen, dass sie die Abfindung nur annehmen sollen, wenn sie eine neue Bleibe sicher haben“, sagt Volker Rastätter. „Die Abfindungen zeigen, wie lukrativ ein solches Spekulationsobjekt für eine Firma in München ist. Selbst wenn es insgesamt eine Millionen-Summe ist, die den Mietern an Abfindung bezahlt wird, fährt die Firma immer noch hohe Gewinne ein, wenn die Wohnungen dann frei sind und später als Eigentumswohnungen verkauft werden können.“
Wohin die Reise in Sachen Hohenzollernkarree langfristig gehen soll, zeigen auch die immerwährenden Bemühungen der Eigentümer-GmbH, im grünen Innenhof nachverdichten zu dürfen. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung gibt es dazu nun einen neuen Bauantrag für ein viergeschossiges Gebäude mit 35 Wohnungen. Der Bezirksausschuss Schwabing-West lehnt die Pläne ab, da die Struktur im Karree dadurch „massiv verändert“ und der Gentrifizierung Vorschub geleistet werde.
Foto: DMB Mieterverein München/Philipp Gülland
Pressemitteilung vom 4.2.2021