André Fredrich

André Fredrich, Krankenpfleger

Herr Fredrich, wie wohnen Sie? Ich habe 58 Quadratmeter in Obersendling, zwei Zimmer, leider keinen Balkon. Vor vier Jahren bin ich hier eingezogen, damals waren das 670 Euro Kaltmiete, inzwischen wurde die Miete um 100 Euro erhöht. Ich zahle jetzt 770 und 120 Euro Nebenkosten, also knapp 900 Euro warm.

Was war Ihre erste Wohnung? Das ist die erste Wohnung, in der ich alleine lebe. Ich bin als Krankenpflege-Helfer von Mecklenburg-Vorpommern nach Garmisch gekommen und dann 1999 als Zivi nach München. Ich wohnte in einem Wohnheim vom Klinikum Großhadern, danach machte ich meine Ausbildung zum Krankenpfleger und zog von Wohnheim zu Wohnheim.

Wie wohnt es sich in solchen Wohnheimen? Im ersten Jahr hatte ich in Altperlach neuneinhalb Quadratmeter: Schreibtisch, Bett, Schrank, Waschbecken. Im zweiten Jahr in Pasing waren es 18 Quadratmeter.

Und nach der Ausbildung? Bin ich wieder nach Großhadern ins Wohnheim, das kostete knapp 300 Euro, war aber mit eigener Dusche, 28 Quadratmetern und Balkon. Nach einem Jahr hab ich mir mit einer Kollegin eine Wohnung gesucht. Wir fingen mit 950 Euro warm an und sind nach zehn Jahren mit 1.050 raus.

„Nach zehn Jahren WG wollte ich meine eigene Wohnung haben“

Warum sind Sie ausgezogen? Ich war Mitte dreißig, seit fast 20 Jahren in Ausbildung und Beruf und nach zehn Jahren WG wollte meine eigene Wohnung haben.

Kann das Klinikum Großhadern da helfen? Es gibt in Wohnheimen auch Doppel-Appartements, aber da werden Pärchen bevorzugt. Wir haben auch die Möglichkeit, eine Staatsbediensteten-Wohnung zu kriegen, aber das ist nicht leicht. Ich habe mich damals auf die Liste schreiben lassen, nur war meine Dringlichkeit natürlich nicht hoch, weil ich ja in der WG hätte bleiben können. Alle zwei Jahre erlischt der Antrag.

Wieviel von Ihrem Gehalt geht für Miete drauf? Fast die Hälfte meines Nettogehalts. Ich komme auf diese Summe nur durch die Zuschläge für Nacht- und Feiertagsdienste. Ich arbeite im drei Schichten, Tagdienst, Spätdienst, Nachtdienst.

Gewöhnt man sich da dran? Es ist eher so, dass es mir mit den Jahren schwerer fällt. Das nimmt den Körper schon mit. Bis man aus dem Nachtrhythmus wieder raus ist und umgekehrt. Ich werde nächstes Jahr 40. Wenn ich könnte, würde ich nachts nicht mehr arbeiten.

Wenn Sie die Hälfte Ihres Geldes für Miete ausgeben – wie kommen Sie mit dem Rest zurecht? Ich kann von meinem Gehalt nichts zurücklegen, nach Telefon, MVV und Lebensmitteln bleibt nicht viel. Ich habe kein Auto, gehe hin und wieder ins Kino, einmal im Quartal vielleicht mal länger weg mit Cocktail-Trinken und einmal im Jahr ins Deutsche Theater. Aber wenn ich Urlaub machen will oder die Waschmaschine kaputt geht, komme ich in Schwierigkeiten. Deswegen habe ich immer dazu verdient. Früher habe ich auf 450 Euro-Basis acht Tage im Monat bei einem ambulanten Pflegedienst gearbeitet. Entweder, wenn ich frei hatte, oder ich habe nach meinem Frühdienst in der Klinik noch einen Spätdienst drangehängt. Seit zehn Jahren arbeite ich nun auf dem Oktoberfest als Wiesn-Bedienung.

Wie vereinbaren Sie das mit der Arbeit? Ich bin da angemeldet und nehme meinen Jahresurlaub. Ich arbeite auf der Wiesn durch und danach mache ich noch eineinhalb bis zwei Wochen Urlaub. Durch diesen Job muss ich nicht noch nebenher arbeiten.

Denken Sie, Sie verdienen genug? Ich denke, dass Krankenpfleger oder Altenpfleger nicht gut genug entlohnt werden. Wir kümmern uns um kranke Menschen, wir haben Verantwortung und die Last des Schichtdienstes. Deswegen gibt es ja auch jede Menge freie Stellen in Großhadern. Und man kann sich diese Stadt mit unserem Beruf eigentlich kaum mehr leisten.

„Mein absolutes Limit sind 1.000 Euro warm – sonst werde ich diese Stadt verlassen müssen“

Wie wohnen Ihre Kollegen? Ich habe viele Kollegen, die nicht aus dem Wohnheim ausziehen, weil sie nicht 60 Prozent ihres Gehalts für die Miete ausgeben können. Aber als erwachsener Mensch, der seit Jahren im Beruf steht, will man vielleicht mal raus aus dem Wohnheim. Auch ich weiß nicht, wie lange ich mir München noch leisten kann.

Was befürchten Sie? Eine weitere Mieterhöhung. Im Flur unten hängt ein Zettel, dass die Häuser hier gedämmt werden. Mein absolutes Limit sind 1.000 Euro warm – sonst werde ich diese Stadt verlassen müssen. Ich lebe sehr gerne hier, aber ich möchte mit 40 nicht meiner Familie auf der Tasche liegen, nur weil ich mit diesen Wahnsinns-Mieten nicht mithalten kann.

Zurück zur Übersichtsseite „München, wie wohnst Du?“

 
Hier erreichen Sie uns