Wohn-Trends: Dahoam im Dschungel

Kakteen, Palmen und Gummibäume sind zurück: In Wohnungen darf es wieder grün zugehen. Den »Urban Jungle«-Trend mit ausgelöst hat ein Münchner

Von Ramona Weise

Mit mehr als 100 Pflanzen lebt Igor Josifovic (40, Foto oben) in seiner 65-Quadratmeter-Wohnung in der Ludwigsvorstadt. Der persönliche Dschungel in den eigenen vier Wänden, der „Urban Jungle“, ist einer der größten Wohntrends der letzten Jahre. Und der Münchner Josifovic hat ihn mit ausgelöst: Seit 2013 schreibt er mit der Pariserin Judith de Graaff über das Wohnen im selbst geschaffenen grünen Paradies auf dem Internet-Blog „Urban Jungle Bloggers“, 2016 erschien dann das gemeinsame Buch „Urban Jungle. Wohnen in Grün“. Nach einem Boom in den 1980er- und 1990er-Jahren und einer anschließenden Flaute sind opulente Pflanzenprachten wieder zurück in unseren Wohnungen.

Herr Josifovic, bei Ihnen als Pflanzen-Gott geht bestimmt nichts ein, oder?

Igor Josifovic: (lacht) Ach, sicher stirbt bei mir auch mal eine Pflanze. Ich sehe das pragmatisch: Das passiert auch in der Natur. Ich nutze das dann, um zu überlegen, was ich falsch gemacht haben könnte. Oft steht die Pflanze schlichtweg an einem falschen Ort, an dem es zu sonnig oder zu schattig ist. Oder ich habe sie zu oft gegossen, das sehe ich daran, wenn sie von unten her faulig ist. Daran kann ich für die nächste Pflanze wieder etwas lernen.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema „Wohnen in Grün“?

Igor Josifovic: Ich hatte zu dem Thema schon immer einen Bezug, bin mit vielen Pflanzen aufgewachsen. Ich schreibe noch einen anderen Blog zu den Themen Einrichten, Wohnen und Reisen. Und da habe ich mich auch schon mit Pflanzen beschäftigt. Als ich Judith de Graaff bei einem Blogger-Treffen in Paris kennenlernte, haben wir entdeckt, dass wir beide Pflanzen sehr gerne mögen. Daraus ist dann irgendwann unser gemeinsamer Blog geworden.

„Mit Pflanzen hole ich mir ein Stück Natur nach Hause“

Sie wohnen mit mehr als 100 Pflanzen um Sie herum. Was gibt Ihnen das Grün?

Igor Josifovic: Es ist ein Stück Natur, dass ich mir nach Hause hole. Eine Art von Natürlichkeit in unserer immer digitaler werdenden Welt. Pflanzen sind etwas Lebendiges, und wer sich um sie kümmert, dem werden Werte bewusst, die immer stärker drohen, verloren zu gehen. Zum Beispiel Achtsamkeit für andere Lebewesen: Eine Pflanze muss man pflegen, sich um sie kümmern, damit sie sich entwickelt.

Welche Ihrer grünen Schätze mögen Sie am meisten?

Igor Josifovic: Eine meiner Lieblingspflanzen ist die Geigenfeige. Sie hat gewellte, große Blätter, die an die Form einer Geige erinnern. Toll finde ich auch Gummibäume. Meiner sieht aus wie gemalt. Die Blätter gehen von knalligem Pink über Weiß hin zu Grün. Der Gummibaum ist übrigens ein Ebay-Fundstück.

Wie das?

Igor Josifovic: Bei Ebay-Kleinanzeigen finde ich oft tolle Pflanzen, die etwa dem aktuellen Eigentümer zu groß geworden sind. Diese Pflanzen sind oft schon älter, haben eine Geschichte. Faszinierend! So etwas bekommst du im Gartencenter nicht. Dort sehen die Pflanzen alle gleich aus. Und wenn du dir eine nach Hause holst, merkst du, dass sie gar nicht so perfekt weitergedeiht. Weil die Bedingungen im Gartencenter eben anders sind als zu Hause.

Tipps vom Profi für Ihr grünes Paradies:

  1. Kreativ werden! Etwa mit einer selbst geknüpften Blumenampel: Ein paar Stoffstreifen eines alten T-Shirts reichen aus – in 15 Minuten kann man daraus eine einfache und dennoch schöne Ampel knüpfen. Die Makramee-Knüpftechnik macht’s möglich, und das Ergebnis kann individuell gestaltet werden: ob Farbe, Struktur oder Dekoelemente wie Holzkugeln. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung gibt es im Buch „Urban Jungle“.
  2. Pflanzen in Gruppen arrangieren. Dabei immer eine ungerade Zahl Pflanzen nehmen und mit unterschiedlichen Höhen, Blattmustern und Farben spielen. Als kleine Gruppe wirken Pflanzen gleich wie ein stimmiges Arrangement auf dem Sideboard.
  3. Sich das Leben leicht machen. Wer Pflanzen mit ähnlichen Bedürfnissen zusammenstellt, tut sich und den Pflanzen einen Gefallen. Das macht die Pflege einfacher, und auch den Pflanzen geht es besser. Also Kakteen und Sukkulenten zusammenstellen, ebenso wie feuchtigkeitsliebende Tropenpflanzen.
  4. Ungewöhnliche Übertöpfe: Übertöpfe mit einem Gesicht, in denen die Pflanze wie das wallende Haar wirkt, sind tolle Hingucker. Oder eine alte Kaffeetasse mit einem Kaktus versehen? Auch gut! Dabei nur auf die Drainage achten – wenn kein Abflussloch vorhanden ist, etwas Sand
    oder Kies als Unterlage verwenden.
  5. Pflanzenpflege als Auszeit nehmen. Die Lieblingsmusik spielen, einen Kaffee aufsetzen und sich dann den Pflanzen widmen – so wird die Pflanzenpflege zur persönlichen Auszeit, in der man sich um die Pflanzen und sich selbst kümmert.

Das Buch zum Trend: »Urban Jungle« von Igor Josifovic und Judith de Graaff (2. Auflage 2018), Callwey Verlag, 29,95 Euro

Foto: Kinga Cich

 
Hier erreichen Sie uns