$o teuer kann ein $ofa sein

Immer mehr Wohnungen, die auf dem Markt landen, sind möbliert. Die Preise sind astronomisch, Mieterschutz greift nur schwer. Warum das so ist und was die Politik tun muss.

 

Wohnungssuchend möchte man in München nicht sein. Das gilt für Familien ebenso wie für Rentner*innen, Azubis oder Studierende. Wer bei den gängigen Immobilienportalen sucht, bekommt nicht nur so seltsame Auswüchse zu sehen wie eine Souterrainwohnung nur für Singles, die auch den Haushund mögen oder ein Zimmer im Dachgeschoss, das nur „gelegentlich“ bewohnt werden darf. Bei immer mehr Angeboten handelt es sich um möblierte Wohnungen – zu horrenden Mieten. Da kostet die einfach eingerichtete Einzimmerwohnung in Riem, 22 Quadratmeter, 1.000 Euro kalt. Etwas schicker möbliert kriegt man in Milbertshofen 20 Quadratmeter für 919 Euro. Der Markt der möblierten Wohnungen boomt. Es ist aber nicht so, dass das daran liegt, dass die Nachfrage nach möbliertem Wohnraum so enorm hoch wäre. Umfragen zeigen: Die Mieter*innen haben oft keine andere Wahl, als möbliert und überteuert zu wohnen. Mietervereine weisen schon lange auf Missstände bei den gesetzlichen Regeln hin und machen Vorschläge, wie Abhilfe zu schaffen ist. Jetzt kommt immerhin etwas Bewegung in die Sache.

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Oxford Economics, die das Bundesjustizministerium in Auftrag gegeben hat, waren im Jahr 2022 rund 27 Prozent aller inserierten Wohnungen möbliert, 2013 waren es nur 19 Prozent gewesen. Laut der Studie lebten 2022 bundesweit 14 Prozent aller Mieter*innen in möblierten Wohnungen. Zwei Drittel dieser Menschen hatten aber gar nicht nach einer möblierten Wohnung gesucht, und 27 Prozent mussten schlicht auf eine möblierte Wohnung ausweichen, weil sie keine andere fanden. Möblierte Wohnungen machen besonders in den Großstädten einen immer größeren Anteil an den angebotenen Wohnungen aus. Laut dem Wohnungsmarktbarometer der Stadt München waren im Jahr 2022 fast ein Viertel (24 Prozent) aller inserierten Bestandswohnungen möbliert.

Das Problem daran: Möblierte Wohnungen sind unverhältnismäßig teurer als unmöblierte

In München zum Beispiel kosten sie laut Wohnungsmarktbarometer rund sechs Euro pro Quadratmeter mehr als unmöblierte. Besonders bei kleinen Wohnungen sind die Preisunterschiede deutlich höher. Eine zufällige Suche nach einem 1-Zimmer-Appartement in München ergibt: Von 243 Treffern sind mehr als die Hälfte (125) der angebotenen Wohnungen möbliert. Dort gibt es natürlich die hochpreisig ausgestatteten Luxusappartements, die noch eine Sauna im Keller haben, oder luxuriöse Neubauten. Aber eben auch die kleine, dunkle Hochparterre-Wohnung in Laim mit augenscheinlich nicht besonders hochwertiger Möblierung für 34 Euro pro Quadratmeter. Unmöbliert wären laut Mietspiegel bei allerbester Ausstattung mit Fußbodenheizung und neuem Boden maximal 20 Euro pro Quadratmeter drin. Das heißt, das schwedische Bettsofa und der Klapptisch können die Miete in München stark nach oben treiben. Eine Marktstudie des Hamburger Beratungsunternehmens FUB IGES besagt, dass die Marktmieten für möblierte Wohnungen zwischen 2006 und 2020 um 78,2 Prozent stiegen, während die Preise für unmöblierte Wohnungen „nur“ um 30,6 Prozent zulegten.

Diese hohen Mieten aber fließen bei der Erhebung der Mietspiegel wieder in die Berechnung der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ mit ein – sie sind also Preistreiber für alle Mieter*innen. Möglich sind solche Mieten, weil mit der Möblierung Mieterschutzregeln ganz oder teilweise umgangen werden können. Das geschieht auf verschiedene Art und Weise:

Der Möblierungszuschlag: Wird eine Wohnung möbliert vermietet, dürfen Vermieter*innen für die Möbel pauschal Geld verlangen. Das ist der Möblierungszuschlag. Der muss allerdings weder genau erläutert oder begründet werden oder gar mit Rechnungen für die Möbel belegt werden. Er muss noch nicht einmal separat ausgewiesen werden. Das heißt, für Mieter*innen ist gar nicht sichtbar, wie viel sie für die Einrichtung zahlen – ein Freibrief für Fantasiepreise. Denn der Mietspiegel ist hier nur schwer anwendbar. Beispiel Mietpreisbremse: Sie besagt, dass die Miete einer Wohnung, die wiedervermietet wird, nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Die Mietpreisbremse gilt zwar auch für möblierte Wohnungen – allerdings ist es für Mieter*innen nicht möglich, die Möbel rauszurechnen und so ihre Miete mit der erlaubten Miete zu vergleichen. Es gibt verschiedene Verfahren, wie der Möblierungszuschlag anhand des Zeitwerts der Möbel errechnet werden kann, was bei Rechtsstreitigkeiten immer wieder auch gemacht wird. Höchstrichterlich bestätigt sind diese Verfahren aber nicht. „Wir fordern deswegen seit Langem, dass der Möblierungszuschlag separat ausgewiesen werden muss“, sagt Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mietervereins. „Nur so können wir die Mietpreisbremse wirklich zuverlässig anwenden.“ Zurek fordert auch eine Deckelung des Möblierungszuschlags.

Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch: Besonders bei möblierten Wohnungen ist es üblich, zeitlich befristet zu vermieten. Das geschieht oftmals auch illegal, wenn zum Beispiel Wohnraum an Tourist*innen vermietet wird, das ist eine verbotene Zweckentfremdung. Die EU hat Mieterverbänden im Kampf dagegen gerade den Rücken gestärkt (siehe Infokasten). Wird eine Wohnung nur befristet vermietet, müssen Vermieter*innen das begründen. Das geht zum Beispiel, wenn Eigentümer*innen nach einer bestimmten Zeit die Wohnung selbst nutzen wollen. Im Markt der möblierten Wohnungen üblicher ist aber die Vermietung zum „vorübergehenden Gebrauch“. Es gibt eine Reihe von Immobilienportalen, die sich genau darauf spezialisiert haben. Das mag zum Teil an den Interessent*innen liegen. Wenn jemand etwa beruflich bedingt für eine bestimmte Zeit eine Unterkunft in einer Stadt braucht, in der er vorübergehend arbeitet und schon weiß, dass er bald wieder weg ist, dann ist eine Möblierung sinnvoll. Und für solche Fälle ist mietrechtlich auch der vorübergehende Gebrauch gedacht. Der Mieterschutz ist allerdings beim vorübergehenden Gebrauch weitgehend ausgehebelt: Es gilt keine Mietpreisbremse, nicht die rechtlichen Begrenzungen bei Mieterhöhungen, der Kündigungsschutz ist eingeschränkt. Rein rechtlich braucht es sowohl einen speziellen Anlass (etwa ein berufliches Projekt) als auch ein absehbares Ende dieses Anlasses.

Die Miete darf nicht willkürlich erhöht werden

Die Realität sieht anders aus. „Wir haben nicht selten Studierende zur Beratung, die gar nicht zeitlich begrenzt mieten wollen und notgedrungen seit mehreren Jahren in einem Appartement wohnen, das angeblich zum vorübergehenden Gebrauch ist. Jedes Jahr wird dann der Vertrag verlängert, und die Mieten werden ständig erhöht“, sagt Anja Franz, Rechtsberaterin im Mieterverein. In solchen Fällen kann der Mieterverein helfen. Denn dann ist klar, dass das kein vorübergehender Gebrauch, sondern rechtlich gesehen ein ganz normales Mietverhältnis ist. Heißt: Die Miete darf nicht willkürlich erhöht werden. Dass der vorübergehende Gebrauch missbräuchlich eingesetzt wird, stellt auch die Studie von Oxford Economics zum möblierten Wohnen fest. Kettenverträge seien üblich, heißt es da, und ein Großteil der Vermieter*innen achte nicht auf die zulässige Befristungsdauer.

Das Problem ist aber auch hier, dass das Gesetz schwammig ist. Zwar urteilen Gerichte immer öfter, dass schon ab sieben Monaten der Gebrauch nicht mehr vorübergehend ist. Doch gibt es keine klaren Regeln, jeder Einzelfall muss genau angesehen werden. Agenturen und Portale, die für private Eigentümer*innen möblierte Wohnungen vermitteln, werben damit, dass sie für sie die Verträge ausgestalten und so die höchste Rendite erreicht werden kann. „Wir brauchen auch da Rechtssicherheit“, sagt Beatrix Zurek. „Es kann nicht sein, dass so im großen Stil der Mieterschutz umgangen wird und diese Wohnungen dem normalen Mietmarkt entzogen werden.“ Im Juli 2023 hat der Bundesrat nun einen Gesetzentwurf eingebracht: Danach soll der Möblierungszuschlag separat ausgewiesen werden, und es soll klare Regeln geben, wie er zu berechnen ist. Außerdem soll der vorübergehende Gebrauch anders geregelt werden. Bei einer Mietdauer ab sechs Monaten soll es nur noch in Ausnahmefällen möglich sein, den Mieterschutz zu umgehen. Beatrix Zurek: „Das wären wichtige Schritte, gerade für eine Stadt wie München.“


Neue EU-Richtlinien zu Kurzzeitvermietung:
Über Onlineportale wie Airbnb oder Booking.com werden Wohnungen an Touris vermietet. Geschieht das dauerhaft, fehlen diese Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt. In München gibt es deswegen die Zweckentfremdungssatzung, die regelt, unter welchen Umständen eine solche Vermietung legal ist. Schwierig ist es allerdings, an die entsprechenden Infos von Anbieter*innen und Plattformen zu kommen. Ende Februar hat die EU eine neue Richtlinie verabschiedet: So soll es EUweit eine adressgenaue Registrierung für Anbieter*innen geben. Onlineplattformen müssen monatlich Tätigkeitsdaten übermitteln. Damit wird es für Städte einfacher, Verstöße zu ermitteln und dagegen vorzugehen. »Kurzzeitvermietungen tragen zur Verdrängung von Mieter*innen aus den Städten bei und verschärfen die bereits bestehende Wohnungsnot immens«, sagt Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes. »Das eindeutige Votum des EU-Parlaments zeigt, wie massiv die europäischen Metropolen unter Mangel an bezahlbarem Wohnraum leiden.«

Text: Tina Angerer
Illustrationen: Jannik Stegen

 
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