»Gebäude muss erhalten werden«

In unserer Rubrik treffen wir Menschen zum Chat-Interview. Dieses Mal: Stadtbaurätin Elisabeth Merk, die wir gefragt haben, was es bedeutet, in einem Baudenkmal zu wohnen

Auf welche Baudenkmäler im Bereich Wohnen kann München besonders stolz sein?
Da fallen mir sehr viele ein. Vor allem die Borstei, aber auch die Wohnanlage Orpheus und Eurydike, das Olympische Dorf, die Theodor-Fischer-Siedlung, außergewöhnliche Jugendstil-Wohnbauten (z. B. Ainmillerstr. 22), Altmünchner Bürgerhäuser (z. B. Prälat-Zistl-Str. 14), das Wohnhaus Genter Straße 13 von Steidle Architekten. Aber auch die verschiedenen Ensemblebereiche wie z. B. Villenkolonien in Gern und Pasing, Dorfkernensembles sowie große Wohnsiedlungen (Siedlung am Gößweinsteinplatz, Wohnsiedlung Neuharlaching, Nordschwabing oder Alte Heide).

Die Borstei
Eurydike
Orpheus

 

 

 

 

 

 

Ainmillerstr. 22
Prälat-Zistl-Str.

 

 

 

 

 

 


Wohnen im Haus mit Denkmalschutz – was sind die Vorteile für Mieter*innen?

Der individuelle Wohncharakter, meist sehr gut nutzbare Grundrisse mit hohen Räumen, oft in guter Lage, mit sehr hochwertigen Materialien (etwa Vollholzparkett) und – für Mieter*innen interessant – das Gebäude muss erhalten werden.

Ein Abriss ist also nur schwer möglich. Und die Nachteile?
Die Erlaubnispflicht bei Veränderungen und heutige DIN-Normen werden leider oft nicht eingehalten. Letztere dienen zum Teil auch dem Wohnkomfort der Bewohnerschaft – etwa beim Schallschutz.

Wie leicht können bei einem Mietshaus mit Denkmalschutz neue Balkone angebracht oder Dachgeschosse ausgebaut werden?
Grundsätzlich sind Balkonan- und Dachgeschossausbauten möglich, wenn die Maßnahmen Rücksicht auf das Denkmal nehmen.

Müssen Eigentümer*innen staatliche Zuschüsse abziehen, wenn sie Kosten für eine solche Modernisierung auf Mieter*innen umlegen wollen?
Drittmittel werden im Rahmen von Modernisierungserhöhungen grundsätzlich angerechnet. Damit reduziert sich der Gesamtaufwand und auch die maximal zulässige Mieterhöhung.

Müssen auch die Eigentümer*innen von denkmalgeschützten Immobilien langfristig auf andere Heizungen setzen – und die Mieter*innen das bezahlen? Stichwort neues Heizungsgesetz.
Soweit Maßnahmen bei einem Baudenkmal die Substanz oder das Erscheinungsbild beeinträchtigen oder zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen, kann von dem Gesetz abgewichen werden. Aufgrund der absehbar steigenden Kosten für fossile Energieträger ist es aber sicher sinnvoll, sich mittel- bis langfristig mit modernen Heizungssystemen zu befassen. Der Vermietende darf nur einen Teil der Kosten für die neue Heizung auf die monatliche Kaltmiete umlegen: maximal 50 Cent pro Quadratmeter und Monat.

Was ist das „typische“ Münchner Mietshaus, das unter Denkmalschutz steht?
Das Wohnhaus mit Läden im Erdgeschoss in der Blockrandbebauung aus der Zeit des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts – gegebenenfalls mit Rückgebäude. Beispiele wären die Hackenstr. 4, die Hans-Sachs-Str. 9 oder die Schellingstr. 17.

Hans-Sachs-Str. 9
Hackenstr. 4

 

 

 

 

 

 

 

Text: Ramona Weise
Fotos: Sigi Jantz (6); Lukas Barth (1); Michael Nagy

 
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