Kein Ende in Sicht

Auch die Corona-Krise stoppt die sich immer weiter nach oben drehende Mietpreisspirale in München nicht. Immer mehr Menschen aus der Mittelschicht werden wohnungslos. Besonders betroffen: Alleinerziehende und Rentnerinnen.

Sorge um den Arbeitsplatz, um die Betreuung der Kinder – und um das Zuhause. Auch in der Corona-Pandemie haben die Münchner weiterhin mit steigenden Mieten zu kämpfen. „Die Preise gehen weiterhin nach oben“, sagt Mietervereins-Vorsitzende Beatrix Zurek. „Und wir stellen leider auch bei unseren täglichen Beratungen nicht fest, dass sich das Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen vergrößert oder die Mieter weniger Nöte haben. Ganz im Gegenteil: Viele befürchten, gerade jetzt ihre Wohnung zu verlieren. Wir würden Münchens Mieterinnen und Mietern so dringend eine Entlastung wünschen, aber derzeit ist sie nicht in Sicht.“

Aktuelle Studienergebnisse zeigen: Münchens Mieten steigen weiter

Einen Corona-bedingten Einbruch der Mieten kann auch eine aktuelle Untersuchung des Immobilienverbands Deutschland IVD nicht feststellen. In München verteuerten sich Mieten für Altbau- und Bestandswohnungen im Vergleich Frühjahr 2020 zu Herbst 2019 um 0,6 Prozent; die für Neubauwohnungen um 2,1 Prozent. Im Zehnjahresvergleich legten die Mieten für Neubauwohnungen sogar um satte 48 Prozent zu, bei Bestandswohnungen sind es 42 Prozent.

Auch die Immobilienplattform „Immowelt“ kommt in einer Untersuchung zu interessanten Ergebnissen. Sie hat die im ersten Halbjahr 2020 auf ihrer Seite inserierten Angebote für Mietwohnungen ausgewertet und in Relation zu Gehaltsdaten der Agentur für Arbeit gesetzt. Die Ergebnisse: 46 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens müssen Familien, in denen beide Elternteile anerkannte Berufsabschlüsse haben und einer voll und einer halb verdient, in München für die Miete ausgeben. Empfohlen werden maximal 30 Prozent. Und so fürchten viele Menschen in unserer Stadt die nächste Mieterhöhung oder eine Eigenbedarfskündigung. Es könnte passieren, dass sie mit tausenden weiteren Wohnungssuchenden um die wenigen bezahlbaren Angebote auf dem Markt konkurrieren müssen.

Drohende Wohnungslosigkeit

Nicht jeder kann hier mithalten. Dadurch könnten immer mehr Menschen in München wohnungslos werden. Wohlfahrtsverbände schlagen schon jetzt Alarm. Ungefähr 9000 Menschen in München haben derzeit keine eigene Wohnung. Sie sind wohnungslos, leben etwa in städtischen Notquartieren, in Mutter-Kind-Einrichtungen oder in städtischen Clearinghäusern. Die Zahl der wohnungslosen Menschen in unserer Stadt hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht. Die Corona-Krise könnte die Situation weiter verschlimmern, befürchten Experten. Das Frauenobdach „Karla 51“ nahe des Hauptbahnhofs verzeichnet etwa 2000 Anfragen pro Jahr – hat aber nur 55 Wohnplätze. Immer mehr alleinerziehende Frauen mit Kindern, aber auch ältere Frauen wenden sich verzweifelt an die Einrichtung. Sie können sich die Mieten in der Stadt mit ihren Renten oder ihrem Allein-Gehalt nicht mehr leisten.

Höchste Zeit für einen bayernweiten Mietenstopp! 

Unser Verein fordert einen bayernweiten Mietenstopp, der auch den Mietern in München helfen würde, die nicht in einer Wohnung einer der städtischen Wohnungsbaugesellschaften leben. Dort gilt schon ein städtischer Mietenstopp, den die Stadt aber nicht auf alle Vermieter ausweiten kann. Der Freistaat hätte dazu die Kompetenz. Außerdem müssen dringend mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen und die Bodenpreise reguliert werden. Beatrix Zurek: „Wir gehen davon aus, dass 300.000 bis 400.000 Mieterhaushalte in München jetzt im Herbst große Probleme aufgrund von Corona bekommen könnten. Das ist in etwa die Anzahl von Menschen, die schon vor der Krise mehr als die empfohlenen 30 Prozent vom Nettoeinkommen für ihre Miete ausgeben mussten.“

Wenn diese Mieter nicht mehr in der Lage sind, ihre Miete zu bezahlen, können sie gekündigt werden. Wer jetzt merkt, dass er in Zahlungsschwierigkeiten kommt, sollte sich unbedingt sofort juristisch beraten lassen.

Illustration: Jan Steins

Text: Ramona Weise

 
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