Perfekt inszeniert

Versteckt im Souterrain neben einem Hotel liegt das Restaurant „Inszenario“. Wer es einmal gefunden hat, kommt wieder. Denn Wirt Markus Camera serviert Klassiker – aber mit Pfiff. So vielfältig das Lokal, so viele Facetten hat auch das Viertel, in dem es liegt: Haidhausen

Tagliolini mit schwarzem Trüffel. Angerichtet in einem hauchdünnen Parmesan-Körbchen. Und darüber kommt bei Minus 196 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff geeister Vulkanschinken. Das hört sich verrückt an – schmeckt aber durchaus gut (13,90 Euro). „Warm-Kalt-Kombinationen funktionieren immer, Beispiel: Vanilleeis mit heißen Himbeeren“, sagt Markus Camera (42) und lacht. Der Wirt des Restaurants „Inszenario“ in Haidhausen liebt es, seine Gäste zu überraschen. „Die Leute sollen Begeisterung beim Essen verspüren“, so sein Motto. Und deswegen inszeniert er die Gerichte – wie es der Name seines Lokals schon sagt.

Was aber nicht heißt, dass bei Camera nur Verrücktes auf den Teller kommt. Ganz im Gegenteil, er hält es für wichtig, Klassiker zu servieren. Gerichte, die dem Gast etwas sagen. Diese interpretiert er aber neu. Und so gibt es Vitello Tonnato bei Camera vom Grill mit Thunfischbaiser. Bei der Pasta Carbonara sind die Nudeln erst gekocht, dann gebacken und anschließend frittiert. Das Ergebnis: Sie schmecken knusprig wie Chips.

Mit Gastronomie ist Markus Camera aufgewachsen. Seine Eltern betrieben ein italienisch-bayerisches Lokal im Landkreis München. Sein Vater kommt ursprünglich aus Italien, er verliebte sich in Cameras Mutter, eine Bayerin. Auch der Sohn bezeichnet seine Küche heute als mediterran. Neben einem Monatsmenü (inklusive einem Glas Wein zu jedem Gang und Aperitif: 69 Euro pro Person) bietet er neuerdings auch ein Molekular-Menü an (75 Euro pro Person). In der gleichnamigen Küche geht es darum, die Gewohnheiten des Gastes umzukehren. Wobei Camera eins wichtig ist: Er biete Molekularküche auf eine vernünftige Art an, wie er sagt. „Meine Gerichte sind modern, aber der Gast merkt sofort, was er vor sich hat. Die Lebensmittel sind nicht entstellt. Niemand muss Angst haben, dass er etwas essen muss, das er nicht kennt und mag.“

„Die meisten Leute haben so etwas noch nicht gesehen und geschmeckt“

Denn das Auge esse bekanntlich mit, so der Koch. Sein „Inszenario“ betreibt er seit 2011 mit vier Angestellten. Auch als Caterer ist der zweifache Vater buchbar. Rund um das „Inszenario“ stehen große Wohnblöcke. Die Mieter: Studenten, Rentner, Familien. Das Lokal liegt da, wo Haidhausen in die Au übergeht, die weniger noble Ecke des Viertels. „Ich betreibe mein Lokal gerne hier,“ sagt Wirt Camera. Haidhausen war lange ein klassisches Arbeiterviertel.

Heute wird hier dank Gasteig und Muffatwerk Kultur großgeschrieben, und auch der Landtag hat seinen Sitz in Haidhausen. Altbau-Liebhaber kommen im Viertel ebenso auf ihre Kosten, denn das historische Stadtteilbild wurde im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört – sichtbar etwa am gründerzeitlichen „Franzosenviertel“ rund um den Pariser Platz. Die Mieten: wie überall in München hoch. Besonders angesagt und damit noch mal teurer aufgrund seiner zentralen Lage ist Haidhausen-Nord. Als sehr fair bezeichnet Wirt Markus Camera seine Pacht. Vermieter: das Derag-Living-Hotel, neben dem links im Souterrain versteckt das „Inszenario“ liegt.

Bei Laufkundschaft hat es Camera wegen der Lage schwer. Doch wer es einmal ins Lokal geschafft hat, ist spätestens zur Nachspeise überzeugt. Für seine Eispralinen (Stück 1,95 Euro) zieht Camera mit einem Wagen an die Tische und eist Früchte in flüssigem Stickstoff an. „Das Aroma schmeckt durch das Vereisen intensiver“, sagt er. Die Erdbeere, Himbeere oder Banane tunkt der Koch in französischen Vanillekäse, anschließend in flüssige Schokolade. Dann reicht er dem Gast den Spieß. „Die meisten Leute haben so etwas noch nicht gesehen und geschmeckt“, sagt er. Perfekt inszeniert eben.

Adresse und Kontakt:
Inszenario
Rablstraße 10
81669 München
(links neben dem Derag-Living-Hotel hinuntergehen)
Tel.: 089 / 66 61 63 48
restaurant-inszenario.de
Di–Sa 17–24 Uhr

 

Foto: Monika Hoffmann