Des Dichters Bräu
Das Bahnhofsviertel ist eine der buntesten Ecken der Stadt. Und rasant im Wandel. Ständig eröffnen Hotels, aber auch die Gastroszene ändert sich. Beispiel: das Wirtshaus „Schiller Bräu“.
Narrisch seien sie, ein bayerisches Wirtshaus im Bahnhofsviertel aufzumachen. Das haben die Wirtinnen Kristina und Ninja Höfler (beide 33) oft gehört, als sie im Sommer 2017 mit ihrem „Schiller Bräu“ starteten. In der Schillerstraße, mitten im südlichen Bahnhofsviertel, schenkt das Ehepaar seitdem selbst gebrautes Bier aus und verwöhnt die Gäste etwa mit hausgemachten Käsespatzen mit Tiroler Bergkäse und frischen Röstzwiebeln (10,55 Euro) oder einem ofenfrischen Landschweinebraten (12,85 Euro). Das Bahnhofsviertel ist eines der buntesten, aber auch meist diskutierten Viertel Münchens. Der eine schwärmt über die Vielfalt der Läden mit türkischen und arabischen Lebensmitteln und das pulsierende Leben im Quartier. Der andere ist entnervt wegen auf Arbeit wartenden Tagelöhnern an den Straßenecken oder Bettlern, die Passanten ansprechen.
„Wir kochen alles frisch, das ist uns sehr wichtig“
Ninja und Kristina Höfler sehen es so: Sie mögen das Viertel, die Leben-und-leben-lassen-Mentalität gefällt ihnen. „Der Zusammenhalt – etwa mit den Hoteliers rund um uns – ist toll“, sagen sie. Aber wenn es Probleme vor ihrem Lokal gibt, dann scheuen sie sich auch nicht, die Polizei zu rufen. „Wir brauchen uns nicht zu beschweren, wenn wir nichts unternehmen, wenn uns etwas nicht passt“, so die Wirtinnen. 150 Gäste können sie im „Schiller Bräu“ bewirten. In dem Lokal werkeln derzeit 13 Mitarbeiter – inklusive dreier Azubis.
Aus der Tüte kommt in dem Wirtshaus nichts.„Wir kochen alles frisch, verwenden keine Fertig- und Tiefkühlprodukte – das ist uns sehr wichtig“, sagen Kristina und Ninja Höfler. Das Brot lassen die Wirtinnen in Niederbayern nach eigenem Rezept backen, sie verwenden frisches Gemüse, das Fleisch kommt größtenteils von der Münchner Metzgerei „Magnus Bauch“. Der Metzger hat fürs „Schiller Bräu“ extra Würstel entworfen. In den „Trebernwürsteln“ ist, wie der Name schon sagt, Treber enthalten. Das sind bei der Bierherstellung anfallende Rückstände von Malz. Auf den Teller kommen dieWürstel mit Sauerkraut und hausgemachtem Biersenf (10,80 Euro).
Ein eigener Brauer wirft ein- bis zweimal die Woche die Braukessel des „Schiller Bräu“ an. Dann entstehen die Monatsbiere (solange der Vorrat reicht, Preis 4,40 Euro für 0,5 l) wie etwa der Helle Bock „Gamsbart“ im Mai oder das Roggenbier „Pfennigfuchser“ im Juni. Zudem gibt es immer das Helle, das Dunkle, das Weißbier und das Scheps – eine Radler-Alternative mit weniger Alkohol (alle selbst gebraut, je 0,5 l für 3,90 Euro).
Die Wirtinnen: Kristina (links) und Ninja Höfler.
Das Bahnhofsviertel wird sich die nächsten Jahre rasant weiterentwickeln, da sind sich Ninja und Kristina Höfler sicher. „Alleine schon der Neubau des Hauptbahnhofs wird viel ausmachen“, sagen sie. Diskutiert wird auch immer wieder die Hoteldichte – schon jetzt hat das Viertel die höchste in ganz Europa. Und es kommen immer wieder neue Hotels dazu. Wellen schlagen seit Monaten etwa zwei geplante, gegenüberliegende Hotels der Kette „Motel One“, durch deren Bau auch Wohnraum vernichtet werden würde. Alteingesessene Hoteliers haben die Sorge, dass sie sich gegen die Konkurrenz durch die Kette nicht mehr werden behaupten können.
Auch das „Schiller Bräu“ gehört zu einem Hotel, das Ninja und Kristina Höfler mit betreuen. „Das Lokal ist aber kein klassisches Hotel-Restaurant, sondern für jeden offen“, sagen die Wirtinnen. Die zwei verstehen jede Hotelkette, die Interesse am Viertel hat. Gleichzeitig würden sich die beiden wünschen, dass in Zukunft mehr Wohnraum in der Gegend entsteht. Kristina und Ninja Höfler sind überzeugt: „Dann würden wir Gastronomen auch wieder leichter Personal finden – wenn es bezahlbare Mietwohnungen in der Stadt geben würde.“
Ramona Weise
Adresse und Kontakt:
Schiller Bräu, Schillerstraße 23, 80336 München
Tel.: 089/89 05 84 82 0
schiller-braeu.de
Montag bis Samstag 16 bis 24 Uhr
Fotos: Mieterverein München/Monika Hoffmann/Philipp Gülland