Mein Münchner Mietendschungel: Handwerker, die neuen Könige

Es kann ja nicht so schwer sein, einen Elektriker zu kriegen, dachte sich unsere Kolumnistin Angela Ascher. Doch dazu gehört weit mehr als ein Telefon

Neulich abends in meiner Küche, gerade als ich mir ein Glas Rotwein einschenkte, gab es einen kleinen Peng in der Lampe und ich saß im Dunkeln. Weder eine neue Glühbirne noch eine neue Sicherung konnte Abhilfe schaffen. Die Hausverwaltung meinte nur: „Das wird der Lichtschalter sein, Kleinreparaturklausel, da müssen Sie sich selbst kümmern.“ Na gut, dachte ich, wird ja nicht so schwierig sein, einen Elektriker zu finden. Beim ersten bekam ich sofort eine Abfuhr: Wir fahren nur zu Stammkunden. Der Zweite stellte mir einen Termin in zwei Monaten in Aussicht. Nach gefühlt 20 Anrufen fand ich jemanden, der mich eine Woche darauf einschob, gegen einen kleinen Aufpreis, selbstverständlich.

Dann kam der Handwerker, sechs Uhr morgens. Ein gelassener Herr schaute sich den Schalter an: „Ja so schnell geht das nicht, da muss ich erst noch ein Ersatzteil bestellen.“ Drei Tassen Kaffee und ein Pläuschchen später konnte ich ihn dazu bringen, mal in seinem Lager nach so einem Ersatzteil zu schauen, und zwar möglichst bald. Gegen einen kleinen Aufpreis, selbstverständlich! Tatsächlich kam er zwei Tage später mit dem Ersatzteil, doch leider stellte er fest, dass auch die Feinsicherung noch ausgetauscht werden musste. In weiser Voraussicht hatte ich zum Kaffee auch Kuchen gebacken. Und so versprach mir Bernd – wir waren mittlerweile beim Du –, dass er mich am nächsten Tag abends noch dranhängt. Gegen einen kleinen Aufpreis, selbstverständlich. Ich hatte gelernt: Handwerker sind die neuen Könige und so muss man sie auch behandeln.

Am nächsten Tag saßen wir beim Abendessen und einem Feierabendbier zusammen, ich wusste mittlerweile alles von seinem Urlaub auf Mallorca mit seiner Frau Hannah und Wellensittich Flori. Als Bernd sagte: „Angie, ich sollte noch einen Dimmer einbauen, da hättest du ein noch wärmeres Licht. Mach ich dir ausnahmsweise, du bist ja jetzt Stammkundin!“ – da wusste ich, jetzt habe ich es geschafft. Eine Woche später kam die Rechnung. Anfahrtskosten, Ersatzteile, Dimmer, Arbeitszeit inklusive der Kaffee-Pläuschchen-Zeit. Eine ganz schön hohe Investition, so eine Kleinreparatur. Zumindest hatte ich jetzt meinen Handwerker.
Später kam meine Tochter aus der Schule und erzählte von ihrer Berufsberatung. „Ach Mama, ich hätte gern einen Beruf, wo man Geld verdient, sich alle um einen reißen und man ein angenehmes Leben hat. Soll ich da Ärztin werden oder lieber Anwältin?“ „Nein“, sagte ich, „natürlich Handwerkerin!“


Ihre Wandlungsfähigkeit zeigt Schauspielerin Angela Ascher in der Sketchcomedy „Frauen­ g’schichten“, die auch in der BR­ Mediathek ab­rufbar ist. In „Watzmannermittelt“ ist sie in der Folge „Bienenstich“ (ZDF-Mediathek) zu sehen.

 

 

Fotos: Ela Angerer, Illustration: Daria Rychkova/kombinatrotweiss

 
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