Lion Bischof, Student

Herr Bischof, wie wohnen Sie? Ich wohne in einer 38-Quadratmeter- Wohnung im Westend, ich mag das Viertel sehr. Ich habe eine kleine Küche, die so halb abgetrennt ist. Die Wohnung ist im Erdgeschoss, aber ich darf eine kleine Dachterrasse, die im Rückgebäude ist, mitbenutzen. Zurzeit zahle ich 650 Euro warm, einschließlich Internet – damit bin ich verglichen mit meinen Freunden sehr gut dran. Viele zahlen 600 Euro für ein winziges WG-Zimmer, das ist absurd.

Wie sind Sie an die Wohnung gekommen? Das war ein Zufall und ging über Hörensagen. Da hab ich Glück gehabt. Meine Vermieterin ist auch sehr nett, sie mag mich irgendwie und sagte mir, dass sie nicht vorhat, die Miete zu erhöhen. Zum Glück gibt es noch solche Vermieter, die auch gerne junge Leute im Haus haben und nicht nur nach der höchsten Miete schielen.

Wie finanzieren Sie als Student Ihre Wohnung? Ich habe neben dem Studium mehrere Jobs. Ich arbeite in einem Supermarkt. Außerdem mache ich immer wieder Auftragsarbeiten, kleine Videos für Theaterabende, Trailer für die Kammerspiele, Kamera und Schnitt-Jobs. Bis vor Kurzen hatte ich noch ein Stipendium, das ging ganz gut. Diese Filmjobs sind unregelmäßig und leider nicht gut bezahlt und für meine eigenen Filme bin ich manchmal auch ein, zwei Monate unterwegs – da gibt es schon Engpässe. Also die 650 sind das absolute Maximum, das ich zahlen kann.

Was war Ihre erste Wohnung? Das war eine günstige Wohnung im Westend. Damals zahlte ich 450 Euro. Es gab nur einen Holzofen, aber das hat mir nichts ausgemacht. Das Haus wurde dann leider saniert und ich musste raus. Heute kostet die Wohnung 800 Euro.

„Sie können ruhig prozessieren, schauen wir mal, wie Sie zurechtkommen“

Was heißt, Sie mussten raus? Der Vermieter hat Sanierungen angekündigt und gleich gesagt: Sie können ruhig prozessieren, schauen wir mal, wie Sie zurechtkommen, wenn ich gleich mit der Treppe anfange und die dann erstmal fehlt. Ich habe dann unterschrieben, dass ich ausziehe, weil ich das Gefühl hatte, ich habe gegen den eh keine Chance. Ich wollte keinen Ärger.

Wie wohnen Ihre Freunde? Jeder ist froh, wenn er was gefunden hat, das er einigermaßen zahlen kann. Gefühlt arbeitet man 80 Prozent der Zeit für die Miete und hofft, dass man von dem Rest so viele Reserven behalten kann, dass man seine anderen Sachen dann noch machen kann – in meinem Fall, die Filme, die ich dann halt abends schneiden muss. Natürlich kenne ich auch Medizinstudenten, die alles von den Eltern finanziert kriegen und in Wohnungen wohnen, die ich mir wahrscheinlich nie werde leisten können.

Kommt da Neid auf? Nein. Luxus interessiert mich nicht. Und als Medizinstudent hat man ja auch gar keine Zeit, nebenher zu arbeiten. Ich habe viel mehr Freiheit, die brauche ich auch, um meine Filme überhaupt machen zu können. Allerdings frage ich mich schon manchmal, wie München sich verändert, wenn nur noch Leute hier studieren können, die reiche Eltern haben. Wenn man es als Student nicht schaffen kann, mit Nebenjobs seine Wohnung zu finanzieren, dann findet ja vorher schon die Auswahl statt und das verändert nicht nur das Studentenleben, sondern letztlich die ganze Stadt.

Wieviel Prozent Ihres Geldes brauchen Sie für die Miete? 60 Prozent mindestens, je nachdem, wie viel ich verdiene.

Ist München sein Geld wert? Ich mag München, ich habe mir hier auch inzwischen berufliche Kontakte aufgebaut. Aber ich muss schon sagen, dass immer mehr Leute aus meinem Umfeld, gerade die, die mit Theater, Film oder Musik zu tun haben, weggehen – weil es eben hier so teuer ist. Klar, es gibt hier den BR, die Bavaria oder die Constantin. Aber für kreative junge Leute ist es immer weniger möglich, sich hier zu entwickeln.

„Immer mehr Leute, die ich kenne, gehen nach Berlin oder Wien“

München schmückt sich doch gerne mit seiner vielseitigen Kulturlandschaft. Ja, schon, aber oft ist es auch so: Man schaut, was woanders erfolgreich ist, das wird gefördert und damit schmückt man sich dann. Es gibt nur eine sehr kleine Undergroundszene, eine unangepasste junge Kulturlandschaft kann sich hier kaum mehr halten. Das Problem sind dabei nicht nur die hohen Mieten für Wohnungen, auch Übungsräume für Bands oder Atelierräume sind ja in München eine Katastrophe. Immer mehr Leute, die ich kenne, gehen nach Berlin oder Wien.

Haben Sie das auch vor? Der Gedanke kommt mir immer wieder, weil ich ja auch weiß, dass mein Beruf wahrscheinlich immer einer sein wird, bei dem man seine Lebenshaltungskosten gering halten sollte. Es macht mir nichts aus, wenn ich nur einen Holzofen habe – aber sowas wird ja in München wegsaniert. Noch komme ich zurecht, ich bin ja auch nur für mich selbst verantwortlich. Sprechen wir in ein paar Jahren nochmal.

Zurück zur Übersichtsseite „München, wie wohnst Du?“

 
Hier erreichen Sie uns